Damenabteildramatikerin
LITERATURHAUS / OEBB / POETRAIN
21/02/11 Kürzest-Dialog: „Ihre Fahrkarte, bitte!“ - „Tut mir leid, das ist mein Lesezeichen!“. Und Liebestragödie: „Er riss ihr das Herz raus und wunderte sich dass das Blut zu Eis gefror“. Das sind nur zwei von insgesamt zwölf Gedichten, die bis Ende Juni Witz und Poesie in S-Bahn und in den Regionalzüge bringen.
Von Heidemarie Klabacher
Züge liefern in Literatur- oder Filmgeschichte ja oft das Setting für Action und Emotion. Wie viel Poesie im „Zug fahren an sich“ steckt, das zeigen Schülerinnen und (ein) Schüler aus Stadt und Land Salzburg.
Ich träume vom Erwachen.
Und der Schaffner sagt
in meiner Stimme:
Dieser Zug sei mein Leben
und ich säße
im falschen Abteil.
Das hat schon beinahe David Lynch’sche Abgründigkeit. Während ein Gedicht in englischer Sprache auf fünf Zeilen ein ganzes Road-Movie erzählt. Krimis liest man auch sehr gerne im Zug. Dass man über einer echt guten Geschichte nur zu leicht aufs Aussteigen vergisst, erzählt das Gedicht „Lesesucht“ in vier Zeilen:
Sitz ich im Zug nach Hallein,
Zieh mir einen Krimi rein.
Verliere die Nerven,
Fahr weiter bis Werfen.
Hans Heribert Dankl, der Grafiker des Literaturhauses, hat aus den Sprachkunstwerken Gesamtkunstwerke gemacht, die die Suggestionskraft der Texte ins Bild übertragen. So erscheit „There was a Young Traveler in Spain“ als Terminal-Anzeige eines Flughafens, was das ÖBB-Thema charmant karikiert. Die beiden Sätze des eingangs zitierten Kürzest-Dialogs finden sich in je einem Anführungszeichen. Die Tragödie dageben ist blutrot und eisblau hinterlegt.
Das Gedicht „Veränderung“
Baum, Strauch
Himmel, Strauch
Lärmschutzwand, Strauch
Wolke - Kaffee?
spielt grafisch mit dem Verschwimmen rasch vorbeiziehender Gegenstände. Während die selbstironische Schilderung eines Dicht-Versuches auf kariertem Notizpapier daherkommt:
I am schlecht
in Sprachen
versuche trotzdem
dies poem zu machen.
Ich sitz im train,
trainier my brain,
look aus dem window
und muss lachen.
ÖBB und Literaturhaus Salzburg, die bereits mit Lesungen und Hörspielen im Zug kooperiert haben, haben im Herbst 2010 zusammen mit dem Landesschulrat für Salzburg Schülerinnen und Schüler eingeladen, pointierte, poetische, satirische Aphorismen, Haikus, Limericks oder Vierzeiler zu schreiben. Impulswörter waren „Zug“, „Zug fahren“ oder „Lesen“. Der Phantasie sollten jedoch keine Grenzen gesetzt werden.
Insgesamt siebzig Gedichte aus Schulen in Stadt und Land Salzburg seien eingesendet worden, erzählt Peter Fuschelberger, der im Literaturhaus für die Jugendprojekte verantwortlich ist. Eine vierköpfige Jury hat aus den Einsendungen zwölf Texte ausgewählt. Hans Heribert Dankl habe für die Plakate die Werbelinien von Bundesbahn und Literaturhaus „kunstvoll zusammengeführt“, so Fuschlberger heute Montag (21.2.) bei der Präsentation der Siegerprojekte.
240 Plakate werden bis Schulschluss in S-Bahnen und Regionalzügen an Stellen affichiert, „die sonst als Werbeflächen dienen, vielleicht als Kontrapunkt zu der Aussage des Dichters Günter Eich, Lyrik sei überflüssig, unnütz, wirkungslos“.
Tatsächlich sei er mehrmals gefragt worden, was die Aktion „Gedichte im Zug, den bringen soll“, erzählte Cornelius Neulinger, ÖBB Personenverkehr Salzburg. „Kunst macht das Leben bunter, ihre Gedichte machen das Zugfahren bunter“, so Neulinger im Literaturhaus an die Adresse der Schülerinnen und Schüler aus Stadt und Land Salzburg.
Vier Klassen aus den Schulen HBLW Saalfelden, Elisabethinum St. Johann, BG Nonntal und PG St. Ursula werden als Dankeschön für ihre Gemeinschaftsarbeiten zu Veranstaltungen ins Literaturhaus eingeladen. Sechs Schülerinnen und Schüler des Musischen Gymnasiums und des BG Nonntal bekommen für ihre Texte Sommerferientickets von den ÖBB geschenkt.