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Wahnsinns- und sonstige Taten

HINTERGRUND / JUNG UND JUNG / HERBST- WINTERPROGRAMM

11/12/09 „Zu den Büchern, die man verlegen möchte, kommt man oft auf seltsamen Wegen“, sagt Jochen Jung. DrehPunktKultur sprach mit dem Verleger über Fundstücke, Gedichte und junge Talente, die sich herausfordern lassen.

Von Heidemarie Klabacher

„Tod & Flora“ fällt durch seinen altmodischen Einband aus Marmorpapier auf: Helmut Eisendle habe das nun vorliegende Buch vor über dreißig Jahren auf der Maschine geschrieben, Pflanzenbilder eingeklebt und das Ganze von seinem Sohn binden lassen: „Ein Einzelstück voller Texte, die die Welt nicht kannte, auch die Wissenschaft nicht.“

Nur ein paar befreundete Autoren, darunter Gert Jonke oder Peter Rosei, hätten sich das handgemachte Hausbuch über Giftmischerei für Feinspitze bei Eisendle ausgeliehen: „Alles in allem eine Community von vielleicht zehn Menschen“, schätzt Jochen Jung. "Das könnte einmal ein Buch werden", habe er sich schon zu „Residenz-Zeiten“ gedacht. (Jochen Jung gehörte lange dem damaligen „Residenz Verlag“ an.) Aber er habe sich vor den hohen Kosten fürchten müssen. „Damals war sehr teuer. Heute ist es nur mehr teuer.“

Sechs Jahre nach dem Tod des Autors ist das Büchlein nun erschienen: „Die Vertreter waren begeistert. Und wir haben jetzt schon eine zweite Auflage gedruckt.“

Auch Autoren aus dem „alten Residenz-Stamm finden immer wieder den Weg zu uns“, freut sich Jochen Jung. Erwin Einzinger etwa: Erst im Vorjahr sind bei Jung und Jung Gedichte herausgekommen. „Und jetzt schon wieder ein Gedichtband von 160 Seiten? Das frisst der Markt nicht. Aber weil er ja ohnehin keine Lyrik frisst…“ Darum habe man mit Klaus Reichert gleich noch einen zweiten Lyriker ins Halbjahres-Programm genommen: „Das ist schon der verlegerische Wahnsinn“, kokettiert Jochen Jung mit dem Risiko. Aber der Erfolg wird wohl kommen: Klaus Reichert hat 2005 für Jung und Jung die Sonette Shakespeares übersetzt - und die Rechte für diesen philologisch-poetischen Wurf seien erst jüngst an den Fischer Verlag verkauft worden.

Erwin Einzinger jedenfalls befinde sich in einem Schaffensrausch: „In den letzten zwei, drei Jahren hat er fast vierhundert Gedichte geschrieben. Nächstes Jahr kommt ein dicker Roman von fast sechshundert Seiten heraus.“

„Gibt es den neuen jungen Autor, die neue junge Autorin?“ Auch in dieser Spielzeit habe sich „das erhoffte Wunder“ eingestellt. Beim Text von Julia Blesken habe man sofort gespürt: „Da ist eine ganz neue Stimme.“ Eine „tolle Autorin“ war gefunden, diese aber ihrerseits noch nicht den Weg vom sehr guten Manuskript zum „ganz tollen Buch". Die Berlinerin wurde nach Salzburg eingeladen: „Sie hat sich angehört, was wir denken - und nach zweieinhalb Monaten kam ein überarbeitetes Manuskript zurück“, so der Verleger. „Ich bin ein Rudel Wölfe“ heißt das fertige Buch.

Ludwig Fels habe mit „Die Parks von Palilula“ eine wirkliche Geschichte in Form eines Tagebuchs geschrieben: „Zunächst nur für sich selbst, bis er merkte, dass unter seiner Hand doch Literatur daraus wurde.“ Der 1946 geborene Autor habe - „in allen Ehren“ - eine schwangere nigerianische Frau kennen gelernt „und sich dann in dieses Baby verguckt“, erzählt Jochen Jung. Ludwig Fels begleitet seither Mutter und Kind etwa auf Amtswegen, „die unangenehm sind für Schwarzafrikaner“. Und er habe gemerkt, „dass dieses kleine schwarze Kind in ihm Gefühle wachruft, die er schon fast vergraben glaubte: etwas Lebenszuversichtliches wurde in ihm geweckt“. Ludwig Fels kümmere sich real sehr stark um dieses Kind, und er wisse, so Jochen Jung, davon zu erzählen: „Auch davon, wie er scheele Blicke erntet, wenn er als ein älterer weißer Mann, ein kleines Schwarzes Kind durch den Stadtpark schiebt…“

www.jungundjung.at

 

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