Wo genau ist „Wormwood“?
BUCHBESPRECHUNG / LOCATION SALZBURG
02/08/13 Wo gibt es noch Landschaften, die so aussehen, dass man dort Filmszenen aus dem Europa des späten Mittelalters drehen kann? Als es darum ging, „Season of the Witch“ (in Synchronfassung „Der letzte Tempelritter“) zu drehen, wurde man in St. Koloman fündig.
Von Reinhard Kriechbaum
„Die Steine in St. Koloman mit dem Moos drauf sorgen für die richtige Atmosphäre – alles ist ganz mystisch“, schwärmte damals Hauptdarsteller Nikolas Cage. Der Film wurde dann zwar von der Filmkritik ziemlich einhellig als Schund eingestuft, aber die „stimmungsvolle Atmosphäre“ des Settings wurde ebenso generell gelobt. Ein Punkt für Salzburg als Drehort jedenfalls.
Eine Verfolgungsjagd zwischen Kutsche und Wölfen kommt in diesem Film auch vor, und auch dieser „Wormwood“ fand sich in St. Kolomann. Christian Strasser, ein Kenner der lokalen Filmgeschichte wie wenige, weiß aber zu berichten: „Laut Insert spielt der Film jedoch in der ‚Steiermark‘, die an der kroatischen Adriaküste liegt.“ Pech, aber die Hollywood-Perspektive kann die geographische Wahrnehmung schon ein klein wenig verzerren…
Vierzig Drehorte im Bundesland beschreibt Christian Strasser. Zu den Filmszenen, die dort jeweils gedreht worden sind, liefert er viel Hintergrundinformation und manche Anekdote. Es wird auch deutlich, warum sich Filmproduzenten für Salzburg entscheiden: „Gerade die Szenen auf den Dächern Salzburgs offenbaren einen wunderschönen Blick auf die Salzburger Altstadt, den Dom und die Festung Hohensalzburg. Die Unterstützung vor Ort ist außergewöhnlich und eine tolle Visitenkarte für Salzburg.“ Das sagte ein Verantwortlicher von 20th Century Fox, die hier „Knight and Day“ drehte. Die Förderungen des Landes (aus dem Budget zur Ankurbelung der Wirtschaft) sind eben ein starkes Argument für die Ortswahl, denn schön ist es bekanntlich auch anderswo.
Wenn innerhalb von zehn Jahren (2002 bis 2012) sechs Millionen Euro Fördergelder aufgebracht werden, ist die Lockung für Filmemacher groß. Aus Perspektive der Wirtschaftsförderung sei das gut investiertes Geld, wird versichert. Jeder Euro bringe einen Rückfluss ungefähr im vierfachen Wert.
Klar, dass „Sissi“ in dem Buch ein Thema ist, ebenso wie „Sound of Music“. Effizienter als mit diesen beiden Filmen wurde kaum einmal via Leinwand für Salzburg geworben. Kitschfilme sonder Zahl haben das touristische Flair der Stadt einzementiert, nicht zum Schaden der Branchen, die vom Fremdenverkehr leben.
Gleich nach „The Sound of Music“ rangiert auf der internationalen Erfolgsliste der im selben Jahr 1965 produzierte Streifen „Help!“ mit den Beatles. Radstadt, Obertauern und der Pass Lueg gaben damals die Kulisse für die Pilzköpfe ab. Auch Bollywood nutzt gerne Hintergründe im Bundesland.
Filmemacher sind erfindungsreich, wenn es darum geht, zu schwindeln: Das Ungeheuer von Loch Ness hat schon in den Krimmler Wasserfällen geduscht, Indiana Jones (Harrison Ford) führte den „letzten Kreuzzug“ auf dem Rossfeld hoch über Hallein, wo auch schon das „Rennschwein Rudi Rüssel“ gesichtet wurde. "Das weiße Rössl" blieb zwar am Wolfgangsee, galoppierte aber filmmäßig nach St. Gilgen. „The Slipper and The Rose – The Story of Cinderella“ wärmt die Herzen mit der Silhouette von Schloss Anif. "Agenten sterben einsam" auf Hohenwerfen, das galt 1969 für Richard Burton ebenso wie für Clint Eastwood.
„Siegfried und das sagenhafte Liebesleben der Nibelungen“ spielte auf Schloss Moosham in Lungau. Der Ort muss einschlägig anregend sein, darf man aufgrund von Filmtiteln wie „Komm nur, mein liebstes Vögelein“, „Katharina und ihre wilden Hengste“ oder „Graf Dracula beißt jetzt in Oberbayern“ mutmaßen. „Die Schöne und das Biest“ fanden hier und auf Burg Finstergrün zueinander. Das TV-Märchen wurde erst heuer gedreht. Hoffentlich ist es jugendfrei.