Aus einem Musikerleben in Salzburg
BUCHBESPRECHUNG / HARTMUT SCHMIDT
07/09/11 Ganz ehrlich: Einreißen sollte es nicht, dass einer aus den hinteren Reihen im Orchester gleich eine Autobiographie vorlegt. Andrerseits: Vielleicht hat gerade ein Bratschist von zweiten oder dritten Pult mehr Zeit, über sich und die Musik nachzudenken als ein Stimmführer.
Von Reinhard Kriechbaum
Hartmut Schmidt ist aber nicht nur Bratschist. Er komponiert ja auch, und er hat sich im Mozarteumorchester über viele, viele Jahre als Betriebsrat engagiert. Da hat er einiges erlebt, was einen Leser mit Musik-Affinität auch tatsächlich interessieren könnte. Sehr unterschiedliche Menschen sind ihm untergekommen in seiner Zeit als Mozarteums-Student, und entsprechend buntscheckig sind die einschlägigen Erinnerungen: an seinen Geigenlehrer Josef Schröcksnadel etwa oder an den politisch verkrachten, „ewig gestrigen“ Wagner-Exegeten Kurt Overhoff. An den verdienten Klavierpädagogen Hubertus Boese oder an den in seiner Qualität in Salzburg einst sträflich verkannten Kurt Prestel. An seinen Kompositionslehrer Gerhard Wimberger und sogar noch (aber schon eher nebulos) an Bernhard Paumgartner.
Erst recht als Orchestermusiker, erst im Brucknerorchester in Linz, bald im Mozarteumorchester, hat der 1946 in Bad Mergentheim geborene Hartmut Schmidt natürlich ebenso mit Leidenschaft interessante und sich für interessant haltende Menschen beobachtet: vor, hinter und neben den Pulten. Wenn er von Orchesterdirektoren oder Dirigenten erzählt, lässt er oft die Namen weg. Er urteilt ja nicht zimperlich. Aber für Leser, die lange genug in Salzburg umgehen, ist die Sache meist eindeutig. Anekdotisches und Beobachtetes vermengt Schmidt mit einem Augenzwinkern. Wer ihn kennt, weiß um seinen Humor und auch um seine Selbstironie. Die tut der Autobiographie gut.
Übrigens: Wenn Sie – nicht nur eine herbstliche – Wanderung machen auf den Untersberg, ist die Wahrscheionlichkeit hoch, ihm zu begegnen. Er ist ein bekennender Untersberg-Fetischist und steuert auf die 1.500. Bergtour zu. Aber man muss früh aufstehen, wenn man ihn bei diesem beinah manischen Tun auf Salzburgs Hausberg beobachten will – weil so ab zehn, halb elf sitzt er im Orchesterhaus bei der Probe.