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„Es sollte was von ihm bleiben“

BUCHBESPRECHUNG / DREISSINGER / 58 BEGEGNUNGEN MIT THOMAS BERNHARD

09/02/11 „Wir hatten uns sehr viel zu sagen, und ich war sehr betroffen, dass er nach so wenigen Lebensjahren starb. Er wurde ja nicht älter als Brecht.“ Das sagt Rolf Hochhuth. Auch: „Verbessern kann man die Gesellschaft mit politischem Theater nicht.“ Mit Bernhard habe er mehr als einmal über ein Theater oder ein Festspielhaus in Gmunden fabuliert.

Von Heidemarie Klabacher

Wer war Thomas Bernhard? Wie erinnern sich Zeitgenossen, die ihm „nahe“ kamen? 58 Menschen aus dem engeren und weiteren Umfeld des Schriftstellers hat der Fotograf und Filmemacher Sepp Dreissinger vor der Kamera gehabt. Ein Film ist entstanden - und ein Buch. In dem lässt sich ganz gut blättern. Man stößt allen Ortens auf Interessantes, Schräges, gelegentlich sogar Erhellendes - spukte da im Hinterkopf nicht doch das Gespenstlein „Ich und das Genie“ herum...

Solch offensichtliche Eitelkeiten sind den 58 hier zu Wort kommenden Personen zum Glück fremd. Man bemüht sich um Sachlichkeit, ohne sich im Glanz eines Größeren sonnen zu wollen. Und Persönlichkeiten wie der Halbbruder und die Halbschwester des Dichters haben ja auch alles Recht sich zu äußern.

„Ich bin eine Halbschwester, keine ganze. Das stört mich, muss ich sagen. Ich finde es ein bisschen lächerlich“, schreibt Susanne Kuhn, Jahrgang 1940, die, wie ihr zwei Jahre älterer Bruder Peter Fabjan, der Ehe der Mutter Bernhards mit Emil Fabjan entstammt: „Beim Bruder sagen sie das auch, eben der Halbbruder, aber bei Peter kann man das umgehen, da heißt es dann: ‚Doktor Fabjan’. Ich bin nur eine Schwester und somit die Halbschwester. Ich weiß nicht, warum das so wichtig ist. Ich habe Thomas einmal in Ottnang in seinem Haus besucht. Da musste man sich natürlich anmelden. Er hat gewusst, wann ich komme. Da ist er schon in der Tür gestanden, und wie ich in Reichweite war, hat er gesagt: ‚Die Halbschwester kommt.’ Mit einem liebevollen Unterton.“

Eines der schönsten Interviews ist das, eines, bei dem man auch als Leser zu fühlen glaubt, dass es ja doch einen Menschen gegeben hat, der dem Autor in einer ganz einzigartigen Nah-Fern-Beziehung gestanden ist. Für sie sei alles an Bernhard faszinierend gewesen, schreibt Susanne Kuhn: „Das durfte man ihm aber nicht sagen.“

Bernhard habe es auch nicht gerne gehabt, „wenn man im Theater in einem Stück von ihm war und ihm dann gesagt hat, dass es großartig war. "Das habe ich mir eher verkniffen.  … Ich weiß nur, dass er sich sehr gefreut hat, wenn man sich die Festspielkarte selber gekauft hat. Weil die meisten um ihn herum so lange gewartet haben, bis es soweit war, und gefragt haben: ‚Bekommen wir eine Karte?'.“

Sepp Dreissinger (Hg.): Was reden die Leute. 58 Begegnungen mit Thomas Bernhard aufgezeichnet von Sepp Dreissinger. Verlag Müry Salzmann, Salzburg, 2011. 384 Seiten, 29 Euro.
Zur Glosse {ln:Huckleberry Bernhard}
Zu Thomas Bernhards Achtziger {ln:Menschengestrüpp aus Gemeinheit und Niedertracht}

 

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