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König Ubu und die älteste Nähmaschine im Haus

BUCHBESPRECHUNG / LANDESTHEATER / 125 JAHRE

02/10/18 Am Donnerstag (4. Oktober) feiert man 125 Jahre Landestheater. Genau diesen Umfang hat das Buch zum Jubiläum. Der Titel „Menschen – Orte – Geschichten. 125 Seiten des Salzburger Landestheaters“ ist also wörtlich und im übertragenen Sinn zu lesen.

Von Reinhard Kriechbaum

„Jedes Jahr ein neues Haus“ - das war Pi mal Daumen der Output des Architekturbüros Helmer&Fellner. Ganz genau: 47 Theaterbauten in 43 Jahren, zwischen Thorun in Polen und Odessa in der Ukraine, zwischen Zürich und dem rumänischen Oradea. Die beiden Theaterarchitekten der Gründerzeit haben im Handumdrehen die Dimensionen ihrer Häuser vergrößert oder verkleinert. 1893 war Salzburg dran. Ja schon, ein bisserl ein unangenehmes Gedränge herrscht in den gar winzig geratenen Foyerräumen. Und in allen von Ferdinand Fellner und Hermann Helmer entworfenen Theatern wuchern die Scheinwerfer unterdessen über die Proszeniumslogen weit in den Zuschauerraum hinein. Mit dem Licht der Epoche, so hell sie auch künstlerisch strahlte, könnten wir uns heute vermutlich nicht mehr anfreunden.

Auch diese heutzutage weder von Honoratioren noch anderem Publikum genutzten Logen links und rechts der Bühne sind ein Thema auf einer Buchseite. Noch näher dran am Geschehen als einst die Wichtigen in den Proszeniumslogen sind nur die beiden dem Publikum verborgen bleibenden Feuerwehrleute links und rechts am Bühnenrand. Dort stünde auch ein dritter Sessel, aber der sei verwaist, heißt es – eine Souffleuse sei hier nicht mehr am Einsagen.

Hübsch übrigens das Foto von dem sich hinter einer mit Samstbrokatstoff verkleideten Klappe befindlichen Löschwasseranschluss. Stilvoll. Stofftapeten sind allemal gut, etwas zu verstecken – ähnlich verborgen führt eine schmale, niedrige Wendeltreppe vom Büro des Intendanten in dessen Loge: Der Chef kann flugs vor oder hinter der Bühne auftauchen.

Von vielen Dingen erfahren wir. Das älteste Möbel ist angeblich die Windmaschine (ungefähr 100 Jahre alt). Das Mozarteumorchester borgt sie sich manchmal für Konzerte aus, wenn dieses Geräusch gefragt ist. Die Nähmaschine, über siebzig Jahre alt, ist die dienstälteste im Haus. Auf dieses fußgetriebene Stück schwört seit 41 Jahren die Gewandmeisterin und Leiterin der Damenschneiderei, Gertraud Hiesinger. Die Dame ist, das dürfen wir verraten, weil's auch so im Büchl steht, die Dienstälteste im Kostümwesen des Theaterunternehmens. Sie und ihr Gerät zusammen sind - so mutmaßen wir mal - in etwa so alt wie das Theater.

Womit wir bei den Menschen wären: Ja wirklich, der sympathische Billeteur, der uns Parterre-rechts immer das Programmheft in die Hand drückt, hat nicht nur ein vertrautes Livrée, sondern auch einen Namen (Arthur Brausch). Katharina Böhme kennen die Theaterbesucher eher nur dem Namen nach, sie wird als Übertitelinspizientin in den Programmheften natürlich erwähnt. Hier ist sie mal im Bild, erwartungsgemäß mit Partitur und Bildschirm vor sich. Und auf einem anderen Foto sehen wir, wie Ursula Sayer, die blonde Dame beim Kartenverkauf, die Theaterwelt aus ihrem allabendlichen Blickwinkel wahrnimmt, durchs Glas in Richtung Eingangsfoyer.

Da blättert man gern, liest die kleinen Statements, Hintergrundinformationen und die eine oder andere Anekdote. Dass die Drehbühne schon mal klemmt hat – wen wundert's? Zum Theater gehören nicht nur die Menschen auf und hinter der Bühne, sondern auch jene im Zuschauerraum. Und die rufen manchmal „Skandal“, wenn ihnen ein Stück oder eine Inszenierung so gar nicht in den Kram passt. Die Erinnerungen der Abonnentin Ines Miller an die Premiere von Alfred

Jarrys „König Ubu“, die nicht nur den damaligen Leiter (und Betriebsabonnenten-Zulieferer) der Salzburger Kulturvereinigung maßlos geschreckt hat, sind amüsant zu lesen. Sie hat damals, im Gegensatz zu ihrem Vater, die Aufführung bis zum Ende gesehen.

Menschen – Orte – Geschichten. 125 Seiten des Salzburger Landestheaters. Festschrift zum 125-jährigen Jubiläum des Salzburger Landestheaters, hrsg. von Carl Philip von Maldeghem. 20 Euro, erhältlich ab morgen Mittwoch (3.10.) im Theater und in Salzburger Buchhandlungen

Die Jubiläumsgala – mitgestaltet vom Mozarteumorchester (Ivor Bolton, Adrian Kelly), dem Opern-, Schauspiel-, Ballettensemble und dem Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor, der gerade sein zehnjähriges Bestehen feiern konnte, findet am Donnerstag (4.10.) um 19.30 Uhr im Landestheater statt.

 

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