Auf dem Heldenplatz in Goldegg
VERSTÖRUNGEN / EIN FEST FÜR THOMAS BERNHARD / GOLDEGG
07/02/13 „Die besten Künstler der Zeit werden sich mit ihren Mitteln mit Thomas Bernhard auseinandersetzen, um die Lebendigkeit seines Werks zu zeigen.“ Das ist – dem Übertreibungskünstler Bernhard zum Trotz – nur wenig übertrieben: Birgit Minichmayr, Ben Becker, Tobias Moretti oder Jens Harzer sind zu Gast beim Fest für Thomas Bernhard von 9. bis 22. September in Goldegg.
Von Heidemarie Klabacher
Dahinter stehe ein Mensch, „der ganz normal ausschaut, aber Bernhard verrückt ist“, sagte Raimund Fellinger, der Präsident der Internationalen Thomas Bernhard Gesellschaft, bei der Programmpräsentation in den Räumen der Gesellschaft in der Kapitelgasse: Der Hotelier Sepp Schellhorn hat voriges Jahr das Festival „Verstörungen“ in Goldegg zum ersten Mal veranstaltet.
Heuer findet das Fest für Thomas Bernhard also zum zweiten Mal statt - und zwar von 19. bis 22. September. Das Programm wurde heute Donnerstag (7.2.) dennoch punktgenau präsentiert: zwei Tage vor dem 82. Geburtstag Thomas Bernhards am 9. und fünf Tage vor dem 25. Todestag des unsterblichen Verstörers am 12. Februar.
Vor 25 Jahren (am 4. November 1988) wurde Thomas Bernhards „Heldenplatz“ uraufgeführt, erinnerte Raimund Fellinger. Die Uraufführung im Burgtheater war zugleich der letzte öffentliche Auftritt des Autors. „Dem ging ein Kulturkampf voraus, der mit dem Erfolg des Autors endete.“ Das Heldenplatz-Jubiläum sei der Anlass gewesen, das Stück zum Ausgang der zweiten Auflage des Festivals „Verstörungen“ zu machen.
Keineswegs strebe man eine unfreiwillige Produktion des „Theatermachers“ mit anderen Mitteln an, so Fellinger. Daher werde es KEINE szenische Lesung von „Heldenplatz“ im Wappensaal von Schloss Goldegg geben. Man scheint es vielmehr gesellschafts- und sozialkritisch anzugehen.
Eröffnen wird das Fest für Thomas Bernhard im Schloss Goldegg niemand Geringerer als Claus Peymann: Er werde über die Umstände der zum Skandal hochstilisierten Heldenplatz-Aufführung sprechen, und habe sich als Gesprächspartner, der „damals“ dabei gewesen ist, Andreas Khol gewünscht, berichtete Raimund Fellinger. Tags darauf werde Martin Huber, der Leiter des Thomas-Bernhard-Archivs Gmunden, über Stellung und Bedeutung von „Heldenplatz“ im Werk von Thomas Bernhard „Eine Übersicht“ geben. Die szenische Lesung fällt aus, dafür werden Birgit Minichmayr und Ben Becker den Kampf um „Heldenplatz“, Polemiken für und gegen Thomas Bernhard, in einer Zitatcollage nachstellen. „Eine politische Morgenandacht“ wird Markus Hering leiten. Jens Harzer wird aus Bernhards „Verstörung“ lesen, Tobias Moretti aus „Amras“: Damit liest der Tiroler aus dem Text, der in Tirol spielt.
Der Schauspieler Ben Becker und der Antiquar Georg Fritsch (der Sohn des Autors und legendären Literaturförderers Gerhard Fritsch) werden aus dem Briefwechsel von Thomas Bernhard und Gerhard Fritsch lesen: „45 Dokumente werden im Korrektur-Verlag erscheinen.“
Rund 2500 Besucher in zweieinhalb Tagen seien im Vorjahr gezählt worden: „Es gibt also Menschen, die sich drei Tage lang ausschließlich mit Thomas Bernhard beschäftigen. Das ist beruhigend: für das Festival, für die Gesellschaft, für den Suhrkamp Verlag“, so Raimund Fellinger, der Cheflektor des Suhrkamp Verlages.
Tatsächlich sei das von ihm privat initiierte Fest für Thomas Bernhard eine „typische Saisonverlängerung, die viele Nächtigungen gebracht habe“, so der Hotelier und „Bernhard-Verrückte“ Sepp Schellhorn. Er habe das Projekt aber aus reinem Enthusiasmus gestartet, ihm gehe es um die Kunst. Sein Vorjahres-Budget habe sich auf 50.000 Euro belaufen, man habe ausgeglichen bilanzieren können. Subventionen gebe es nur für Institutionen, nicht für „private Hoteliers“. Der Erfolg es Vorjahres berechtige ihn aber zur Hoffnung auf Sponsoren. Immerhin habe man sich aufgrund des Besucherzustroms berechtige Sorgen um die Statik im Schloss machen dürfen.
Ein ganz kurzer Schwenk an einen anderen Thomas Bernhard-Ort: In Gmunden wird heute Donnerstag (7.2.) das „Thomas Bernhard Archiv“ als eigenständiges Archiv quasi wieder eröffnet: Der Bund habe sich aus der Finanzierung zurückgezogen, helfend und rettend eingesprungen seien Stadt und Land Salzburg und vor allem Heinrich Schmidinger, der Rektor der Universität Salzburg. Das berichtete bei der heutigen Pressekonferenz Peter Fabjan, der Bruder Thomas Bernhards und der Ehrenpräsident der Internationalen Thomas Bernhard Gesellschaft. (Wird fortgesetzt)