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Verklärung und Wetterleuchten

MATTESEER DIABELLI SOMMER

28/06/22 Die Geigerin Hanna, die Bratscherin Gertrud und der Cellist Bruno Weinmeister entstammen einer musikbegeisterten Salzburger Familie und haben in aller Welt Karriere gemacht, sind aber nur selten in ihrer Heimatstadt zu erleben. Nun gastierte das „Trio Weinmeister“ in Mattsee. Mit Arnold Schönberg mündete der Abend in der Stiftskirche in eine stimmungsvolle und facettenreiche Verklärte Nacht.

Von Paul Kornbeck

Gertrud Weinmeister war beim Diabelli Sommer immerhin 2013 mit dem Hugo Wolf-Quartett und 2019 als Malerin im Almanach prominent vertreten. Das geschwisterliche Streichtrio gestaltete am Montag (27.6.) den ersten Teil des seit etlichen Jahren geplanten, aber zuletzt wegen der Pandemie verschobenen Auftritts allein: Johann Sebastian Bachs dreistimmige Inventionen erklangen zu Beginn in historisch bestens informierter Weise, aber ebenso schön konturiert. Immer wieder verblüfft die ideale Kammermusik-Akustik der romanisch-barocken Kirche. Große Begeisterung erntete die schwungvolle Interpretation von Ludwig van Beethovens Streichtrio Es-Dur op. 3. Es ist ja erstaunlich, wie aus dem begabten Bonner Kleinmeister schon kurz nach seiner Übersiedlung nach Wien plötzlich ein genialer Visionär wurde. Das Trio Weinmeister brachte die noch an Mozart angelehnten, serenadenhaften Züge des erfrischend jugendlichen Stücks ebenso atmosphärisch zur Geltung wie die jähen, frühromantischen Temperamentsausbrüche samt Dudelsackanklängen und vitaler Tanzlaune.

Trotz Unwetterwarnung war der Wettergott gnädig, gestattete eine Pause mit Ausschank im Kreuzgang und Konsumation im Freien sowie eine zweite Konzerthälfte ohne akustische Gewittereinflüsse. So gelangte Schönbergs Verklärte Nacht im angenehm temperierten Kirchenraum zu voller Wirkung. Das Trio wurde mit Veronika Hagen an der ersten Bratsche, der kurzfristig an der zweiten Geige eingesprungenen Maria Therese Schwöllinger und Roberto Di Ronza am Kontrabass hochkarätig erweitert. Ja, man kann die zweite Cellostimme des Streichsextetts auch auf dem Kontrabass spielen – und das Werk gewinnt dadurch noch zusätzliche, dunkel timbrierte Farben.

Arnold Schönberg ist historisch für Mattsee ja ein historisch wichtiger Komponist. Das Stück von 1899 hat seit 2010 eine Art Heimatrecht in Mattsee, das ihm und seinem Schöpfer, den anno 1921 antisemitische Umtriebe aus dem Urlaubsort vertrieben, gebührt. Es ist natürlich in seiner diffizilen, hochromantischen Klangmystik, seiner erotisierenden „Tristan“-Stimmung und feinen Naturmalerei dem Publikum auch sofort zugänglich. Richard Dehmels Gedicht über „zwei Menschen“, Mann und Frau, deren Liebe zumindest in einer „verklärten Nacht“ größer ist als ein Seitensprung mit Folgen, ist im Almanach nachzulesen.

Das Ensemble brachte mit spielerischer Souveränität und virtuoser Perfektion alle Kostbarkeiten der Partitur zur Geltung und spannte auch einen dramatischen Bogen über das Geschehen, ohne auf die Wahrung des dem Werk innewohnenden Geheimnisses zu vergessen. Danach kann, trotz ausdauernden Publikumsjubels, keine Zugabe folgen. Man schritt beglückt in die nunmehr wetterleuchtende Nacht.

Der Mattseer Diabelli Sommer bis 15. September  - www.diabellisommer.at
Bild: MDS
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