Eines Philosophen und viele eigene Ideen
35 JAHRE TAURISKA
28/04/21 „Die vielen kleinen Geschichten und Talente sind es, die die Lebendigkeit einer Region ausmachen.“ Das sagen die TAURISKA-Geschäftsführer Susanna Vötter-Dankl und Christian Vötter. Sie blicken auf 35 Jahr Arbeit für diesen im Bundesland Salzburg so wichtigen Kulturverein zurück.
Von Reinhard Kriechbaum
1986 wurde TAURISKA als Verein zur Förderung eigener Kultur- und Regionalentwicklung in der Region Nationalpark Hohe Tauern gegründet. Dahinter stand Alfred Winter, damals Beauftragter der Salzburger Landesregierung für kulturelle Sonderprojekte. Das Archivbild zeigt Winter, Susanna Vötter-Dankl und den Philosophen Alfred Kohr.
Vieles wurde in den dreieinhalb Jahrzehnten bewegt vom Verein TAURISKA und der Leopold Kohr-Akademie, „obwohl das nicht immer leicht war“. Susanna und Christian Vötter betonen: „Man braucht bisweilen einen langen Atem.“ Und der ist ihnen glücklichersweise in all den Jahren nicht ausgegangen.
Die Adaptierung und Renovierung des Kammerlanderstall in Neukirchen am Großvenediger im Jahr 1988 markierte einen Auftakt für ein regionales Veranstaltungs- und Kulturzentrum im Land Salzburg. „Stall ist ein guter Anfang“, befand Walter Müller, als er zum 20-Jahre-Jubiläum der initiative die Laudatio hielt. „Der Stall als Herberge; der Stall als Kommando-Zentrale für Expeditionen in die Zukunft und in die Vergangenheit.“
Der Eifer in der TAURISKA-Kommandozentrale in und rund um Neukirchen am Großvenediger gilt dem Suchen und Finden „unterschätzter Potenziale, die Großes bewirken können“. So sind sie etwa auf Jacob Schranz gestoßen, einen 1759 geborenen Niedernsiller. Dieser hat 1835 seine „Anweisung zur fruchtbaren, ertragreichen Obstbaumzucht“ herausgebracht, und unter dem Titel Der Obstgarten im Gebirge hat man diese Schrift im Vorjahr wieder herausgegeben.
Ein ganz anderer Aspekt: Über die Pinzgauer Tresterer ist in den vergangenen Jahren manch Polemisches geschrieben worden. Ein dickleibiger Bild- und Textband nimmt da ein wenig Wind aus den diskussionsgeblähten Segeln. Das sind nur zwei Beispiele für die immer nah am vielfältigen Pinzgauer Leben orientierte unschätzbare Arbeit von TAURISKA.
Im Jubiläumsprogramm heuer geht es etwa um die Bergbauforschung im Oberpinzgau um die Erforschung der Kräuter am Wegesrand rund um das Samplhaus oder um die alte Fertigkeit, Steinmauern zu errichten. Was auf dem Land das Schaf durch die Jahrhunderte bewirkte, zeigt ein großangelegtes Leader-Projekt der Region Nationalpark Hohe Tauern mit Ausstellungen, Performances, Lesungen und Workshops.
Wie kleines Unternehmertum und Handwerk den aktuellen und bevorstehenden Krisen des 21. Jahrhundert trotzen kann, hinterfragt der deutsche Volkswirt Niko Paech in der vierten Leopold Kohr-Summerschool in Salzburg. Gleichzeitig hat er eine Vielfalt an innovativen Beispielen parat, die sichtbar machen, wie hochmotivierte Persönlichkeiten ihren Firmenweg konsequent nach Kohrs Motto „Small is beautiful“ gehen. Das Bewahren und Nutzbar-Machen alter regionaler Apfelsorten war und ist ein Langzeitprojekt von TAURISKA. Neue Produkte zur Verwertung von Apfelrückständen wird heuer die Ernährungswissenschafterin und Autorin Karin Buchart aus Unken in einem Kohr-Café vorstellen. Eine interaktive Theaterwanderung führt ins Krimmler Achental (in Kooperation mit dem teatro caprile und der Gemeinde Krimml). Heimische Schriftsteller kommen bei zahlreichen Kulturveranstaltungen zu Wort. Der Sprache ist das dritten Festival „Literatur findet Land“ gewidmet.
Ein Schwerpunktprojekt ist ja das Mundartarchiv im restaurierten Samerstall in Niedernsill. Es wird betreut und geleitet von Gerlinde Allmayer und Barbara Rettenbacher-Höllwerth. Da gibt es Druckwerke ab 1784, Mundartdichtung in Form von Liedern, Volksschauspielen (wie dem Brucker Nikolausspiel), Brautbriefen, Sagen, sowie Kinder- und Volkssprüchen. Auch Ton- und Videoaufzeichnungen werden gesammelt.
Das Symposium „Kleinigkeiten“ am 5. Oktober in Salzburg ist zugleich auch die 35-Jahr-Feier von TAURISKA und der Leopold Kohr-Akademie. Zu diesem Anlass führt eine Stadttour mit dem Autor Walter Müller zu Salzburger Plätzen, wo Philosoph Kohr gewirkt, vorgetragen und gefeiert hatte.