Blick auf die Schätze vor der Haustür
HINTERGRUND / UNIVERSITÄT / REGIONALMUSEEN
10/01/20 Es fällt schwer, den Gedanken „verkehrte Welt“ zu unterdrücken. Es ist ja noch gar nicht so lange her, da gab es an der Universität Salzburg beispielsweise einen eigenen Lehrstuhl für Landesgeschichte. Und das war nicht der einzige geisteswissenschaftliche Bereich, in dem mit großem Eifer landeskundliche Forschung betrieben wurde.
Von Reinhard Kriechbaum
Unterdessen sind die Wegweiser an den österreichischen Universitäten – Salzburg ist kein Einzelfall – anders aufgestellt. Lehr-Berufungen gehen zu einem Gutteil an Kandidaten aus Deutschland, die in den seltensten Fällen ausgeprägtes Forschungs-Sensorium für das Regionale an den Tag legen. Internationale Angleichung (Stichwort Bologna-Prozess) begünstigen auch nicht gerade Spezialisierungen auf Themen, die quasi vor der Haustür liegen. Ausnahmen bestätigen eher die Regel.
Offenbar wird das aber doch unterdessen als ein Defizit wahrgenommen. Da flattert heute Freitag (10.1.) eine Pressemeldung über eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Landesverband Salzburger Museen und Sammlungen und der Universität Salzburg herein. Es gehe dabei um den „engen Informationsaustausch und die regelmäßige Zusammenarbeit in Form von Lehrveranstaltungen, Exkursionen sowie Praktika“, so LHStv. Heinrich Schellhorn, der gemeinsam mit der Landesverbands-Vorsitzenden Andrea Dillinger und Rektor Hendrik Lehnert seine Unterschrift unter die Vereinbarung setzte. Für Rektor Lehnert „ist es wichtig für die Universität Salzburg, sich auch mit der reichen regionalen Geschichte des Landes zu befassen und dazu mit allen wesentlichen Einrichtungen vor Ort in enger Verbindung zu stehen. Gerne beteiligen wir uns an der Erforschung und Pflege der heimischen Kulturgüter, die sowohl für die Identität der Region als auch für einen qualitätsvollen Tourismus von Bedeutung sind.“
Das ist lobesam – aber im Effekt doch eher ein Placebo, denkt man an die Richtung, in die sich diverse Lehr- und Forschungsangebote an der Universität weg entwickelt haben (oder weg entwickelt wurden) von eben jenen regionalen Quellen, die man mit der Kooperation wieder ins Blickfeld rücken möchte.
Keine Frage: In den Museen gibt es mündlich tradiertes Wissen sowie viele Primärquellen und Exponate, die wissenschaftlicher Bearbeitung harren. An der Universität wird den Studierenden verschiedener Disziplinen das wissenschaftliche Arbeiten vermittelt. Kooperation ist nahe liegend. Einschlägige Initiativen gibt es bereits: „Mit der Ringvorlesung Geschichte vor Ort und dem Förderprogramm für Ferialplätze für Studierende haben wir schon zwei sehr erfolgreiche Projekte auf die Beine gestellt. Weitere sollen nun folgen“, erläutert Kulturreferent Heinrich Schellhorn.
Das nächste konkrete Vorhaben: Andrea Dillinger, die auch das Museum Schloss Ritzen in Saalfelden leitet, wird im Sommersemester an der Uni ein berufsfeldorientiertes Konservatorium abhalten. Da werden die Studierenden beispielsweise lernen können, wie eine Sonderausstellung entsteht. Die Vermittlerrolle zwischen den Museen und der Universität übernimmt der Landesverband der Regionalmuseen. Geplant seien Forschungsseminare, weitere gemeinsame Lehrveranstaltungen, Exkursionen und praktische Übungen, heißt es. Studierende sollen auch für Praktika in den Regionalmuseen interessiert werden.
„Profitieren werden sicherlich beide Seiten von der engen Zusammenarbeit“, sind sich Schellhorn, Dillinger und Lehnert einig: „Die Museen, indem ihre Exponate und Archivalien wissenschaftlich bearbeitet werden und die Universität, indem Studentinnen und Studenten leichteren Zugang zu Primärquellen und Originalen bekommen und aus erster Hand von Praktikerinnen und Praktikern Arbeitstechniken lernen können, beispielsweise die Inventarisierung und Digitalisierung von Objekten.“