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Nostalgische Fantasy in 3D

IM KINO / HUGO

16/02/12 Martin Scorsese ist ein cinephiler Regisseur. Einer der – wie etwa auch Francois Truffaut und Quentin Tarantino - vom Kino regelrecht besessen ist und für den das Kino gar wichtiger ist als das Leben. Sein neuer Film „Hugo“ über einen Waisenjungen, Bahnhofsuhren und eine mysteriöse mechanische Puppe.

Von Andreas Öttl

Scorsese ist auch einer, der sich sehr für die Restaurierung alter Filme einsetzt. Es ist daher nicht weiter verwunderlich dass sich sein neuer Film „Hugo“ von einer eher konventionellen Vater-Sohn-Geschichte bald zu einer leidenschaftlichen Huldigung an einen der größten Kinopioniere entwickelt: Georges Méliès.

Méliès war einer der ersten, der im Medium Film mehr Potential sah als lediglich die Realität abzubilden, wie dies etwa die Lumière  Brüder (die Erfinder des Kinematographen) taten. Seine mit damals sensationellen Spezialeffekten angereicherten Fantasy-Filme wie etwa der im Film oft zitierte „Die Reise zum Mond“ sah der Magier und Erfinder Méliès als Mittel, Träume darzustellen. Noch heute ist die Filmwelt gespalten zwischen den Lumière-Anhängern, die ein realistisches Kino propagieren, und jenen von Méliès, die das fantastische Kino bevorzugen.

Scorsese war bisher eher dem realistischen Kino zuzuordnen. Vor allem seine frühen Werke wie „Mean Streets“ und „Taxi Driver“ sind noch in der Tradition des italienischen Neorealismus verwurzelt, mit der Scorsese als Kind italienischer Einwanderer aufgewachsen war. Umso überraschender mag es daher auf den ersten Blick anmuten, dass Scorsese sich nun an einen 3D-Fantasyfilm gewagt hat. Dass ihm auch dieser gelingt, ist ein weiterer Beweis für die Vielseitigkeit des vielleicht besten lebenden amerikanischen Regisseurs.

„Hugo“ ist seltenes Beispiel eines Films bei dem die 3D-Technik sinnvoll eingesetzt wird und beweist das Potential der dritten Dimension als visuelles Gestaltungsmittel in den Händen eines fähigen Regisseurs. Diese ist hier – bis auf wenige Ausnahmen – nicht bloß ein „Gimmick“, sondern schlüssig in die wunderbaren Bildkompositionen integriert. Das Paris der 30er Jahre wird so in eine magische Fantasiewelt verwandelt. Ihrem Charme kann man sich nicht entziehen. Nicht nur die beiden jugendlichen Charaktere – gut dargestellt von Asa Butterfield und Chloe Grace Moretz – erinnern an die Harry Potter Filme. Mit dem feinen Unterschied, dass der Streifen ohne dessen aberwitzige Actionszenen auskommt und trotz des visuellen Zaubers seinen Ursprung in der realen Welt hat.

Vor allem in atmosphärischer und technischer Hinsicht ist „Hugo“ auf allerhöchstem Niveau, von den Kostümen angefangen bis zum Setdesign und der Musik. Auch die Geschichte über den in Vergessenheit geratenen Filmkünstler wird auch all jenen Zusehern ans Herz gehen, die Méliès bisher nicht kannten. Abgesehen von dieser Liebeserklärung an den Kinomagier Méliès ist „Hugo“ dennoch ein untypischer Scorsese-Film. Nicht nur aufgrund seiner Emotionalität, der an Spielberg erinnernden Verspieltheit und Familienfreundlichkeit, sondern auch aufgrund der Tatsache dass der Bilderrausch letztendlich die Menschen in den Schatten stellt.

Kann schon sein, dass die Lumière-Freunde sich den alten Scorsese zurück wünschen...

Derzeit zu sehen im Cineplexx
Bilder: Paramount / www.hugomovie.com

 

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