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Ich schau Dir in die Augen, Kleines

FEUILLETON / FILM-SYNCHRONISATION

altVon Andreas Öttl

01/04/12 Es ist eine Sache die unter Filmliebhabern immer wieder hitzig diskutiert wird: das leidige Thema der Synchronisation von Filmen für den deutschen und österreichischen Markt. Zum Glück gibt es ja mittlerweile bei fast allen DVDs auch die Originalversion. So haben Liebhaber die Möglichkeit, auf die originale Tonspur zu schalten. Dessen ungeachtet ist es sehr schade, dass dem Massenpublikum im Kino und Fernsehen nach wie vor die Originalsprache vorenthalten wird.

Das Übel beginnt schon bei der Übersetzung von Filmtiteln, die sich eigentlich nicht übersetzen lassen. Aus „The Cider House Rules“ wird plötzlich „Gottes Werk und Teufels Beitrag“, aus „In My Father’s Den“ der irreführende Titel „Als das Meer verschwand“. Ein Beispiel aus jüngster Zeit: Den „Intouchables“ wurde der massenkompatible Titel „Ziemlich beste Freunde“ verpasst. Auch Klassiker blieben nicht verschont: Aus „My Darling Clementine“ wurde „Faustrecht der Prärie“ und der deutsche Titel von Antonionis Meisterwerk „L’eclisse“ ist schlicht und einfach „Liebe 1962“.Was mag sich der deutsche Verleih dabei wohl gedacht haben?

Wozu überhaupt ausländische Kulturgüter – und als solches sind fremdsprachige Filme zu werten – eindeutschen? Niemand würde heutzutage noch auf die Idee kommen, eine Verdi-Oper auf Deutsch aufzuführen. Außerdem leben wir, wenn auch nur auf dem Papier, in einem Vereinigten Europa, wo viele verschiedene Sprachen und Kulturen nebeneinander existieren. Das Synchronisieren von ausländischen Filmen zerstört deren künstlerische Identität und macht viel von der Authentizität zunichte, die diese Filme vermitteln. Allein bei englischsprachigen Filmen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Dialekte, die durch die Synchronisation total verloren gehen und einfach in Hochdeutsch umgewandelt werden. Darüber hinaus leidet auch die Atmosphäre: Originaldialoge werden meist direkt am Set aufgenommen, während die deutschen Synchronfassungen nachträglich im Tonstudio entstehen.

Vor allem kleinere europäische und asiatische Filme, deren Produktionsfirmen sich oft keine guten Synchronsprecher leisten können, sind von der Synchronisation betroffen. Aber auch Hollywoodfilme und Klassiker leben von den Originalstimmen der Stars. Wenn Gloria Swanson in „Sunset Boulevard“ ihren berühmten Satz „Mr. De Mille, I'm ready for my close-up“ abliefert, wird dies in der deutschen Synchronfassung ebenso verfremdet wie Humphrey Bogarts „Here's lookin' at you, kid“ in „Casablanca“. Solche Filme in deutscher Synchronfassung zu zeigen, ist eine veritable Sünde.

Das generelle Aufführen von fremdsprachigen Filmen in Originalsprache mit Untertiteln im Kino wäre ein mutiger erster Schritt. Es würde zwar das Massenpublikum erst einmal vor den Kopf stoßen und möglicherweise auch Proteste nach sich ziehen, aber wenn sich die Leute erst einmal daran gewöhnt hätten, würden sie es – wie Beispiele in vielen Ländern zeigen – als ganz normal akzeptieren.

Ein positiver Nebeneffekt wäre, dass sich das Kinopublikum in die Fremdsprachen einhören würde: eine kulturellen Bereicherung und vielleicht sogar im Wirtschaftsleben dienlich? Nicht zufällig schneiden die skandinavischen Ländern, wo Filme generell nicht synchronisiert werden, bei der viel zitierten PISA-Studie viel besser ab als Deutschland und Österreich.

Nicht zuletzt würde die Beibehaltung der Originalsprache bei ausländischen Filmen auch der heimischen Filmwirtschaft zu Gute kommen. Wenn alle ausländischen Filme – also auch solche amerikanischer Herkunft – in Originalfassung mit Untertiteln gezeigt würden, wollten die Leute vermutlich österreichische und deutsche Filme mehr schätzen. Das wäre ja dann die einzige Möglichkeit, einen Film in deutscher Sprache zu sehen. Eine gesetzlich verpflichtende Ausstrahlung von ausländischen Filmen in Originalsprache wäre somit eine wirksame Maßnahme gegen die Dominanz des Hollywood-Kinos.

Im Internet gibt es eine Initiative gegen die Synchronisation von Filmen im Kino und Fernsehen. Wer sich informieren möchte oder sich selbst als Unterstützer eintragen möchte: against-dubbing.com

 

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