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Tränen der Mädchen schmecken nach Zitronengras

IM PORTRÄT / ELISABETH REICHART

29/11/13 „Zeit und Entfernung verschwinden in Elisabeth Reicharts Lyrik, die bekannte und unbekannte Orte bereist, sich in der Natur niederlässt. Sie verdichten sich zu Augenblicken der Schönheit und der Liebe, aber auch zur Trauer über ihren Verlust.“ Die Romanautorin hat nun ihren ersten Lyrikband vorgelegt - und wurde für ihren neuen Roman „Lieben“ mit dem Jahresstipendium des Landes Salzburg für Literatur ausgezeichnet.

Von Heidemarie Klabacher

439Der Roman „Lieben“ hat die Jury durch seine „Beschreibungskunst, Figurenzeichnung und Erinnerungsarbeit“ überzeugt: Elisabeth Reichart hat das mit 10.000 Euro dotierte Jahresstipendium für Literatur des Landes Salzburg erhalten. Nach ihrem Roman „Die Voest-Kinder“ in dem sich Elisabeth Reichart einer Kindheit in einer Industriesiedlung der 50er Jahre mit der herrschenden Sprachlosigkeit auseinandersetzt, widmet sich die Autorin im neuen Projekt dem Eintritt ins Erwachsenenleben, der ersten großen Liebe: „Der Text besteht aus einer erinnerten Ebene dieser ersten Beziehung in den 1970iger Jahren in Salzburg und München und einer Gegenwartsebene. Der Blickwinkel hat sich verändert durch Tod und eine neue Beziehung, gesucht werden noch immer die Spuren der ‚geglaubten großen Liebe’: „Reicharts Beschreibungskunst, von der sie in der Höhlenszene eine Kostprobe gibt, lässt erahnen, wohin sie die Leserinnen und Leser führen wird: In die ebenso wunderbare wie ängstigende Unterwelt einer hörigen Liebe, aus der sich die Protagonistin hoffentlich wieder hinauf ans Tageslicht kämpfen wird.“

Reichart baut eine absolut glaubhafte, gut recherchierte 1970iger-Jahre-Szenerie auf. Man rieche in der Münchner Hotelrezeption den Staub der 1970iger förmlich, die Personencharakterisierungen seien sehr gelungen – „und bergen, etwa in den ‚linken Studentenfreunden, die es dennoch lieber mit der Konvention treiben’ - auch Humorpotentiale. „Liebe und Abhängigkeit, ja Hörigkeit zum einen, Tod und Erinnerung zum anderen, schieben sich ineinander, verdecken sich, um dann wieder scharfe Konturen zu zeigen“, so die Jury-Mitglieder Christian Lorenz Müller, Robert Renk, Barbara Stasta

Im Otto Müller Verlag ist diesen Herbst Elisabeth Reicharts erster Lyrikband „In der Mondsichel und anderen Herzgegenden” erschienen. In ihrem Gedicht „Richtung“ heißt es:

Wie viele Sätze ich mir einschrieb
Ich bin ein Hotel für fremde Sätze
eine Oase für alle verirrten
bis heute hat sich keiner beschwert
einige haben mich heimlich verlassen
Muttersätze, Vatersätze
Kirchensätze, Jammersätze
Alptraumsätze, Todessätze
Bis heute habe ich keinen vermisst

Elisabeth Reichart, Jahrgang 1953, wurde in Steyregg geboren, studierte Germanistik und Geschichte in Salzburg und Wien. In beiden Städten lebt sie seit 1982, unterbrochen von längeren Aufenthalten in Japan und den USA, als freie Schriftstellerin. An ihre japanischen Jahre erinnert in ihrem Gedichtband etwa der Text „Nagoya“. Ausgezeichnet wurde Elisabeth Reichart u. a. mit dem Österreichischen Würdigungspreis für Literatur, dem Anton-Wildgans-Preis oder zuletzt mit dem Jahresstipendium des Landes Salzburg für Literatur.

Am Dienstag (3.12.) präsentieren Elisabeth Reichart und Erwin Einzinger auf Einladung des Salzburger Literaturforums Leselampe um 20 Uhr im Literaturhaus ihre neuen Lyrikbände „In der Mondsichel und anderen Herzgegenden“ (Otto Müller Verlag) und „Barfuß ins Kino” (Verlag Jung und Jung). Die beiden Schriftsteller kennen sich seit Salzburger Studienzeiten und feiern im Anschluss an ihre Buchpräsentation gemeinsam ihren 60. Geburtstag.
Bild: Alexander Golser

 

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