Jugendstil und Salzburg?
IM PORTRÄT / JANA BREUSTE
27/06/12 Das ist keine Paarung, die sich wirklich aufdrängt. Aber wer sucht, der findet. Auch hier. Die Kunsthistorikerin Jana Breuste, die sich einst das Thema Jugendstil für ihre Diplomarbeit ausgesucht hat, kennt so manches Kleinod in der Stadt.
Von Reinhard Kriechbaum
Salzburg hat ja nicht jene weitläufigen gründerzeitlichen Stadtviertel, die sonst fast alle größeren Monarchiestädte prägen und wo zeitbedingt nicht nur der Historismus, sondern eben auch der Jugendstil seinen Niederschlag gefunden hat. „Die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen sowie der allgemeine Zustand der Künste um 1900 in Salzburg erwiesen sich als so unfruchtbar für seine Ausprägung, dass selbst Zeitgenossen erklärten: ‚In ganz Europa dürfte es kaum einen Ort geben, welcher den bildenden Künsten weniger geneigt ist’“, erklärt die in Salzburg tätige Kunsthistorikerin und Architekturvermittlerin Jana Breuste. „Dennoch gibt es einige Gebäude, Brücken oder Inneneinrichtungen, die in Details Wiener Vorbildern folgen oder auch von Wiener Künstlern selbst geschaffen wurden.“ Nicht nur herkömmliche Bauaufgaben des Jugendstils, wie die Stadtvilla, das Landhaus oder das Mietshaus, seien hier umgesetzt worden, „sondern auch ungewöhnliche, wie der Bauernhof“. Da nennt Jana Breuste als Beispiel den Erentrudishof in Morzg. „Hier kam es zu einer fruchtbaren Symbiose des Jugendstils mit der lokalen Bautradition.“ Karl Pirich, ein Schüler von Otto Wagner, hat den vom Kloster Nonnberg genutzten Meierhof entworfen.
Jana Breuste wurde 1982 in Halle/Saale geboren. Ihr kunsthistorisches Diplomstudium schloss sie mit einer Arbeit über „Die Architektur der Vormoderne in Salzburg“ ab, „weil in Salzburg kann man schwer den Jugendstil allein betrachten“. Da spielte zum Beispiel der „Heimatschutz-Stil“ wesentlich hinein. Das hatte damals noch nichts mit NS-Gedankengut zu tun. Die Idee des Heimatschutz-Stils war, die jeweilige lokale und regionale gestalterische Traditionen ins neue Bauen überzuführen.
Dem Jugendstil selbst freilich gehört die Liebe von Jana Breuste. Das Vestibül des Hauses Haydnstraße 5 nennt sie als besonders geglücktes Beispiel, aber „das kennt kein Mensch“. Leider, so erzählt sie, ist das absolute Jugendstil-Highlight in der Neustadt, ein paar Häuserecken weiter, nicht erhalten geblieben. Das war der „Salzburger Volkskeller“ (später Hotel Pitter, jetzt Holiday Inn Crown Plaza), dessen Möblierung 1912 Josef Hoffmann selbst entworfen hatte.
Was vom Salzburger Jugendstil würde Jana Breuste augenblicklich „unter die Käseglocke“ stellen wollen? „Die Villa Pflanzelter in Morzg“, sagt sie spontan, und auch das Geschäftsportal der Firma Pflanzelter in der Judengasse. Der Salzburger Tapezierermeister Franz Pflanzelter (1867-1929) hat die Fassaden selbst entworfen. Auch die Biber-Apotheke in der Getreidegasse hat ein bemerkenswertes Jugendstil-Portal. Und in der Elisabeth-Vorstadt, in der Stauffenstraße, weiß Jana Breuste ein weiteres markantes Beispiel für den Jugendstil: An der Villa Geppert (Hausnummer 8a) begeistert sie vor allem der Kammstrichputz.
„Hauptamtlich“ ist Jana Breuste freilich weniger für die kunsthistorische Vergangenheit, sondern für die Gegenwart tätig, bei der „Initiative Architektur“. Darauf weist sie auch sehr entschieden hin, wenn sie über den wenig sorgsamen Umgang mit dem Jugendstil auf dem Salzburger Hauptbahnhof klagt: „Ich bin weiß Gott keine Gegnerin der modernen Architektur bzw. der Entwicklung für eine gute Zukunft – sonst würde ich ja auch nicht für die Initiative Architektur arbeiten!“ Aber manche Abläufe im Prozess Bahnhofsumbau seien einfach sehr kritisch zu sehen.
Derzeit arbeitet Jana Breuste an der Dissertation. Die ist thematisch weit weg vom Jugendstil. Es wird um die Baugeschichte des Schlosses Mirabell gehen. „Ich möchte bewusst mal was anderes machen.“