Taubenvergiften, Tanten-Tangotanzen
TODESFALL / GEORG KREISLER
23/11/11 Im vergangenen Sommer hatten ihn die Festspiele noch zu einer Podiumsdiskussion geladen und Georg Kreisler hatte in uralter Frische „eine angriffslustige Jugend“ gefordert. Der Meister des politisch wachen Chansons ist gestern, Dienstag (22.11.) in Salzburg gestorben.
Kreisler war 89 Jahre alt. Der Sohn eines jüdischen Rechtsanwaltes in Wien musste 1938 als 16-Jähriger mit seinen Eltern in die USA emigrieren. Im Alter von 25 Jahren nahm Kreisler in New York seine ersten Schallplatten auf, die jedoch nicht in die Massenproduktion gingen. 1943 wurde Kreisler in die US-Armee eingezogen, um deutsche Kriegsgefangene zu verhören und verbrachte dabei auch einige Zeit in England. Kreisler schrieb während seiner Militärzeit Lieder und organisierte Shows und Musicals.
Nach Kriegsende war er in Hollywood beim Film beschäftigt und arbeitete dort unter anderem mit Charly Chaplin zusammen. Aufgrund mäßigen Erfolges zog Kreisler anschließend nach New York, wo er in Nachtclubs auftrat und später mit eigenen, in englischer Sprache komponierten Liedern, durch die Vereinigten Staaten auf Tournee ging. Der Unangepasste passte freilich nicht in die USA, wo eher das Stromlinienförmige gefragt gewesen wäre. Erst im Jahr 2005 kamen die verloren geglaubten Aufnahmen von 1947 als Beilage zu seiner Biografie in Form einer CD heraus.
1955 kehrte er nach Wien zurück und traf dort mit Gerhard Bronner, Peter Wehle und Helmut Qualtinger zusammen, mit denen er im "Namenlosen Ensemble" auf. Er lebte dann zeitweise in München, Berlin und Basel, zwischen 1988 bis 1992 und dann wieder ab 2007 in Salzburg.
Viele seiner Lieder sind Klassiker: „Taubenvergiften im Park“ oder „Zwei alte Tanten tanzen Tango“, „Meine Freiheit, Deine Freiheit“ oder „Wir sind alle Terroristen“. Zum Staat (und zur EU sowieso) hatte Kreisler ein höchst gespanntes Verhältnis. „Heute Abend – Lola Blau“ heißt sein oft gespieltes „Ein-Frau-Musical“. Sowohl mit seiner ersten Frau Topsy Küppers als auch später mit Barbara Peters ist er oft aufgetreten, in Salzburg zuletzt bei der MotzArt-Woche im Februar dieses Jahres in der ARGEkultur.
Er veröffentlichte zahlreiche Theaterstücke, Romane, Satiren und Essays. 2004 erhielt er den Richard-Schönfeld-Preis für literarische Satire. 2009 erschien seine Autobiographie "Letzte Lieder". Im Juni 2010 hat er den Friedrich Hölderlin-Preis für sein Lebenswerk entgegen genommen. (LK/dpk)