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Das (Un)Glück der Generation X

IM PORTRÄT / MARKO DORINGER

20/11/23 Sein Thema hat er als Mitt-Dreißiger gefunden, und seither verfolgt es der aus Salzburg stammende Dokumentarfilmer Marko Doringer beharrlich: Er ist ein übergroßer Zweifler an sich selbst, und er schaut sich unter gleichaltrigen Freunden um und beobachtet, wie diese das Leben meistern – oder auch nicht.

Von Reinhard Kriechbaum

Es war 2008, da hat Marko Doringer beim Filmfestival Diagonale in Graz die Herzen des mehrheitlich seiner Generation angehörenden cineastischen Publikums im Sturm erobert. Mein halbes Leben bekam damals den Großer Diagonale-Preis als Bester österreichischer Dokumentarfilm. Aber auch anderswo traf dieser Film den Nerv der Jurorinnen und Juroren, 2009 wurde der Film beim New Berlin Award und beim Filmfest Bozen jeweils als Bester Dokumentarfilm gekürt.

Ein pessimistisches Gesicht ist quasi Doringers Markenzeichen, der in seinen bisher vier Streifen zum Thema auch sein eigener Hauptdarsteller ist. Begnadet am Leben leiden – das kann er. In Mein halbes Leben ging es um die (durchaus begründeten) Zweifel um den Berufsweg als Filmemacher. Schulkolleginnen, Freunde – haben sie es in ihren Branchen besser getroffen? Der Vergleich machte in diesem Fall und auch in den Folgefilmen keineswegs sicher.

Nägel mit Köpfen (2013), Mein Wenn und Aber (2021), Dein Leben - Mein Leben (2023) zeichnen jedenfalls über die selbstbezogene Bestandsanalyse der jeweiligen Befindlichkeit im Setting von Gleichaltrigen den emotionalen Zustand der „Generation X“, also der zwischen 1965 und 1980 Geborenen. Manche reden abschätzig von Turnschuh-Generation oder Null-Bock-Generation. Jedenfalls eine Gruppe, deren Midlife-Krisen früh einsetzten und bis über die Covid-Jahre hinausreichen. Wahrscheinlich erleben sie auch die (späte) Pensionierung noch mit erheblichem Selbstmitleid. Doringer hat wohl bis an sein Lebensende zu tun mit sich und seinen Alterskollegen.

Was ihn auszeichnet: Die ausgelebte eigene Depression, die im jüngsten Film sogar seine Frau Marlene direkt anspricht, führt nicht zu allgemeinem Trübsinn auf der Leinwand. Es blitzt auch immer wieder sehr erfrischende Selbstironie durch. Und weil er als Dokumentarfilmer sich aufs Fragestellen versteht, wird auch deutlich, dass Selbsteinschätzung und Lebenswirklichkeit bei manchen dieser Generation entschieden auseinander klaffen.

„Wirst du dich einmal fragen, warum du nicht glücklicher warst?“ ist jedenfalls auch der Ansatz im neuesten autobiographischen Film Dein Leben - Mein Leben. Er wurde heuer im März auf der Diagonale uraufgeführt und hat heute Montag (20.11.) im Filmkulturzentrum Das Kino Salzburg-Premiere.

Doringer und seine Partnerin Marlene nebst dreijähriger Tochter Elsa. „Glaubst Du, machen meine Depressionen unsere Familie kaputt“, fragt Doringer. Nein, sagt sie nach einigem Nachdenken, „aber unser Glück“. Für Robert, in Oberalm daheim, ist das Beziehungsglück schon seit zwei Jahren perdu, aber das Verhältnis zu den Kindern ist durch und durch positiv. Mit dem Filmemacher eint ihn, dass das Verhältnis zu den Altvorderen ziemlich hoffnungslos zerrüttet ist.

Doringers am Sohn herumnörgelnden Vater kennen wir ja schon vom ersten Film an, in dem er seinem Sohn empfohlen hat, die Filmkamera zu verkaufen und mit dem Geld in einen vernünftigen Beruf zu starten. Dieser Tipp ist damals bei den Diagonale-Cineasten besonders gut angekommen.

Weitere Protagonisten sind der Oldtimer-Mechaniker Wolfgang, der vom Beruf die Schnauze voll hat und mit seiner Partnerin von einer Europa-Reise im Wohnmobil träumt. Es stünde bereit, warum bloß brechen die beiden nicht auf? Und da sind Olga und Flo. Sie arbeitet, er ist Hausmann, zwei Kinder – und, man glaubt's nicht: Die sind wirklich glücklich!

Dein Leben - Mein Leben, heute Montag (20.11.) um 19.30 Uhr in Das Kino. Marko Doringer ist anwesend – www.daskino.at
Bilder: Filmstills
Zur Filmbesprechung Was ist schon Lebensglück?

 

 

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