Leuchtender Pudding
IM PORTRÄT / STEPHANIE WINTER
15/10/20 „Die Psyche der Erde ist ein leuchtender Pudding“ steht auf der Website ihres „Salon hybrid“ ganz obenauf. Das lässt viele Vermutungen über die Erdseelenfarbe zu. Und die Konsistenz? Stephanie Winter hält die Erde offenbar psychisch gesehen für ziemlich schwabbelig.
Von Reinhard Kriechbaum
Zumindest was die Farbe betrifft, ist der Titel jener Arbeit, für die Stephanie Winter das Landes-Stipendium für Bildende Kunst zugesprochen wurde, ziemlich eindeutig: Weißes Gold. Die Sache mit dem leuchtenden Pudding ist schwer weiter zu verfolgen. Wir haben es anhand der Website der in Salzburg geborenen Künstlerin jedenfalls versucht. Die experimentierfreudige Künstlerin bewegt sich auf und zwischen den Feldern Bildende Kunst, Performance und Film. Die Psychologie und die Gesellschaftskritik scheinen auch nicht zu kurz zu kommen. Und wenn man hineinliest in die Website ihres „Salon hybrid“, dann zieht man jedenfalls vor dem Wortgeklingel den Hut.
Das hat offenbar auch die Jury getan, die über die Vergabe des mit 10.000 Euro dotierten Jahresstipendium des Landes für Bildende Kunst befand. Wir zitieren aus der Landeskorrespondenz: „Winters Werk Weißes Gold überzeugte nicht nur darstellerisch (sic!) gegenüber 33 weiteren Einreichungen, sondern konnte die Fachjury bestehend aus Antonia Gobiet (Kardinal-König-Kunstfonds, Bildungshaus St. Virgil), Ursula Hübner (Kunstuniversität Linz) und der Salzburger Foto-Künstlerin Elisabeth Wörndl auch durch ihren (sic!) gesellschaftlichen Bezug für sich gewinnen.“ Weitere Beschreibungen und Erklärungen erspart man sich in der Presseaussendung.
Ein wenig hilft dann schon die Website weiter. Die Performances von Stephanie Winter nehmen ihr Publikum mit an ungewöhnliche Orte, führen es in fiktive Welten, die dann doch über das uns Vertraute nachdenken lassen. So hat Stephanie Winter beispielsweise eine Performance in einem aufgelassenen Wiener Jugendgefängnis durchgeführt. Oder ihr Publikum zu einer Busreise an einen imaginären archäologischen Fundort in die Seestadt Aspern eingeladen. Dort, im Weichbild Wiens, so ward versprochen, habe man ein Stück vom Nabel der Welt entdeckt. Dass wir den genauer zu betrachten versäumt haben! Ob Bauch und Seele bei der Erde zusammenfallen? Dann hätten wir vielleicht auch den leuchtenden Pudding dingfest gemacht, wer weiß? Aber die Pudding-Erdseele war wieder eine andere Performance.
Ob die Jury fürs Jahresstipendium wohl etwas mehr erfahren hat? Aber die hat ja nicht einmal das Werk Weißes Gold so beschrieben, dass man sich etwas drunter vorstellen kann. Vielleicht sollte man künftig anregen, dass Jurymitglieder ein bisserl mehr verraten. Das würde auch Vertrauen schaffen, ob derartige Förderstipendien tatsächlich treffsicher sind und damit vernünftige künstlerische Wege gepflastert werden.
Stephanie Winter, geboren in Salzburg, studierte an der Akademie der Bildenden Künste Wien und der Universität der Künste in Berlin. Sie hat eine Vorliebe fürs Science-Fiction-Genre, und da „entwirft sie immer wieder neue und Narrative, um darin, in einer Mischung aus Recherche, sozialer Studie, künstlerischem und psychologischem Prozess, unterschiedlichste Experimente durchzuführen. Im Rahmen dieser Narrative entstehen Settings, Filme, Performances, Installationen, Objekte, Tools, Zeichnungen und Fotografien die zu vielschichtigen Erzählungen verwoben werden.“ Das haben wir von der Website des „Salon hybrid“.