asdf
 

Das Palimpsest von Salomes Seele

IM PORTRÄT / ASMIK GRIGORIAN

02/05/19 Die aus Litauen stammende Sopranistin Asmik Grigorian ist dieser Tage bei den International Opera Awards am Montagabend als beste Sängerin ausgezeichnet worden. Bei den Salzburger Festspielen hat sie bisher die Marie in Alban Bergs Wozzeck und die Titelrolle in Salome von Richard Strauss gesungen.

Von Reinhard Kriechbaum

Die naive Neugier auf den geheimnisvollen Gefangenen in der Zisterne, die umschlägt in psycho-getriebens Verlangen: Das macht diese Salome so glaubwürdig, dass man unmittelbar Mitleid und Verständnis empfindet für die Täterin, die zugleich Opfer ist.“ Das schrieben wir im DrehPunktKultur im Festspielsommer 2018 nach der fulminanten Premiere der Salome. Für diese Rolle, die sie auch heuer bei der Wiederaufnahme der Produktion drei Mal in der Felsenreitschule singen wird, ist sie also jetzt zur Sängerin des Jahres gekürt worden. Salomes Seele sei, wie Asmik Grigorian die Rolle gestaltete, wie ein Palimpsest aufzuschlüsseln, hieß es in der Besprechung, in der auch von der „geradezu kindlichen Bühnenerscheinung dieser jungen Frau und einem Singen, dem jede Exaltiertheit fremd ist“ die Rede war.

Asmik Grigorian studierte an der Litauischen Musik- und Theaterakademie in ihrer Heimatstadt Vilnius, wo sie noch während ihrer Ausbildung ihre Opernkarriere begann. Ihr internationales Debüt gab sie 2005 im norwegischen Kristiansand als Donna Anna (Don Giovanni). In derselben Saison debütierte sie an der Litauischen Nationaloper als Violetta (La traviata) sowie in der Wigmore Hall in London. Ihre Engagements führten sie u.a. an das Teatro dell’Opera in Rom, die Oper Köln, die Staatsoper Hamburg, das Theater an der Wien, das Mariinski- und das Michailowski-Theater in St. Petersburg, die Königliche Oper in Stockholm, das Teatre del Liceu in Barcelona, die Vlaamse Opera in Gent und Antwerpen, die Komische Oper Berlin, das Staatstheater Wiesbaden, die Oper Graz und die Lettische Nationaloper in Riga.

Zu ihrem bemerkenswert vielgestaltigen Repertoire zählen die Titelrolle in Tschaikowskis Die Zauberin, Tatjana (Eugen Onegin), Madama Butterfly, Leonora (Il trovatore), Rachel (La Juive), Judith (Herzog Blaubarts Burg), Tamara (Der Dämon), Lisa (Pique Dame), Suor Angelica, Giorgetta (Il tabarro), Lauretta (Gianni Schicchi), Desdemona (Otello), Chrysothemis (Elektra), Marietta (Die tote Stadt), Rusalka und Fedora.

Asmik Grigorian ist ein Gründungsmitglied der Vilnius City Opera und wurde zwei Mal mit dem Goldenen Bühnenkreuz, dem höchsten litauischen Theaterpreis, ausgezeichnet: 2005 für ihr Rollendebüt als Violetta und 2010 für ihre Darstellung der Mrs Lovett (Sweeney Todd). Schon 2016, also im Jahr vor ihrem Salzburger Festspiel-Debüt als Marie, gewann sie den International Opera Award als Sängerin des Jahres.

Die „Salome“ bei den Salzburger Festspielen 2019: am 25., 28. und 31. August in der Felsenreitschule – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Salzburger Festspiele / Ruth Walz, Rytis Seskaitis
Die DrehPunktKultur-Besprechungen
des Wozzeck Die Macht steckt im System
und der Salome Der Prophet im Fell und das starke Pferd

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014