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Xenographische und andere Ansichten

IM PORTRÄT / LISL PONGER

25/09/17 Mit dem Fremden hat sich Lisl Ponger schon zu einer Zeit beschäftigt, lange bevor es als „Ausländerproblematik“ oder „Flüchtlingsproblem“ wahrgenommen und dämonisiert worden ist. Die siebzigjährige Künstlerin, als Fotografin ebenso profiliert wie als Experimentalfilmerin und Medienkünstlerin, erhält heuer den Otto-Breicha-Preis.

Von Reinhard Kriechbaum

Immer wiederkehrende Themen ihrer Arbeiten sind das Spannungsfeld zwischen Fremdem und Heimatlichem, zwischen Erinnerung und dem Vergessen. Aber fangen wir vorne an: Nach einer Ausbildung an der Fotoklasse an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien war Lisl Ponger als Filmemacherin, Fotografin und Medienkünstlerin tätig. Ponger fotografierte unter anderem bei Aktionen von Otto Muehl, Hermann Nitsch und anderen Vertretern des Wiener Aktionismus. Als 1991 ihr Fotoband „Doppleranarchie“ erschien, war das eine schon historische Rückschau auf diese turbulente Zeit der Wiener Künstlerszene rund um die 1968er Jahre.

Die Jahre von 1974 bis 1978 verbrachte sie in den USA und in Mexiko, wo sie mit einer geliehenen Kamera ihren ersten Film drehte. 1993 produzierte der Wieser Verlag in Klagenfurt ihr bisher erfolgreichstes Fotobuch „Fremdes Wien“, das die Vielfalt der in Wien lebenden Nationalitäten zeigt. Zu dem Buch ist auch eine CD erschienen, auf der die Photos mit filmischer Dramaturgie montiert sind. 1995 folgte der Band "Xenographische Ansichten". Er enthält Fotos und Texte von und über Wienerinnen und Wiener, die sich so stark mit einer anderen Kultur identifizieren, dass sie diese leben. 1999 folgte, gemeinsam mit Felicitas Heimann, der Fotoband „Wiener Einstellungen“, in dem sie auf der Basis eines rekonstruierten Stadtplans des jüdischen Wiens der 1930er Jahre die heutigen Gebäude und Plätze fotografierte. Ebenfalls 1999 erschien „Frauen in Wien“, der erste Band des Projekts "Frauen sichtbar machen" vom Frauenbüro der Stadt Wien.

„Der Beduine“ heißt das Foto aus der Fotosammlung des Bundes (im MdM) zwischen den Kamelen. Die Dame auf dem erlegten Tiger ist die Künstlerin selbst (The big game, 2000).

Lisl Pongers letzter Film liegt schon zehn Jahre zurück: „Imago Mundi“ wurde 2007 bei der documenta12 uraufgeführt. Da hat sie ein Stillleben aus dem 17. Jahrhundert re-inszeniert und darin Kritik an weltlichen und geistlichen Machtstrukturen mit Blicken auf die postkoloniale, neoliberale und globalisierte Welt verbunden. „Auf einem Ausflug durch Schichtungen von Symbolen, Arbeitsprozessen und Kunstformen von Malerei, Fotografie, Film, Tanz, Theater, Musik und Literatur deckt er den normativen Rahmen auf, der den oft unsichtbaren und unbeachteten kulturellen Käfig formt, in dem wir uns die meiste Zeit über befinden“, so die Beschreibung der Produktionsfirma. Damals gab es zum gleichen Thema auch eine Einzelausstellung in Linz.

Das Museum der Moderne Salzburg vergibt seit 1983 alle zwei Jahre einen Preis für Fotokunst, der seit 2007 von der Familie Breicha gefördert wird. Der „Otto-Breicha-Preis für Fotokunst – Museum der Moderne Salzburg“ ist mit 5.000 Euro dotiert. Preisträger der letzten Jahre waren Friedl Kubelka, Seiichi Furuya, Peter Dressler, Margherita Spiluttini, Ilse Haider, Matthias Herrmann und zuletzt Leo Kandl, der nun auch der Jury angehörte, mit Christa Breicha, Monika Faber (Institut Bonartes, Wien) und Christiane Kuhlmann (Museum der Moderne).

Die Jury begründete ihre Entscheidung damit, dass das Werk von Lisl Ponger durch die Vielfalt der Themen und Techniken besteche. Sie untersuche sowohl mit der Fotokamera, als auch mit der Filmkamera die Kultur des „Fremdseins“. Sie setze sich mit unterschiedlichen Vorstellungen von Heimat auseinander und hinterfrage die Darstellung von ethnologischen Zusammenhängen in Museen und Ausstellungen. „Ihre Arbeit ist durch ihre Originalität und Bildästhetik einzigartig im Kanon österreichischer Kunst“, heißt es in der Jurybegründung.

Bilder: media wien (1); MdM Salzburg (1); www.lislponger.com (1)

 

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