Einschränkung des selbstständigen Denkens
IM WORTLAUT
07/02/25 Klagenfurt war der unmittelbare Anlass: Dort stehen vehemente Kürzungen im Kulturbudget an, die vor allem die freie Szene ins Mark treffen. Doch gerade in diesen Tagen, da die FPÖ bei den Koalitionsverhandlungen auch die Kultur-Agenden für sich reklamiert, sollte das Statement der Theaterintendanten in den österreichischen Bundesländern aufrütteln. Im Wortlaut.
Die meisten Österreicherinnen und Österreicher halten ihre Kultur für selbstverständlich. Viele denken nicht darüber nach, was für ein Reichtum hier geboten wird. Neben dem Programm, das wir in unseren Theatern als kulturelle Nahversorger in den Städten und Bundesländern anbieten, sind die Projekte der freie Szene ein weiterer wichtiger Bestandteil einer lebendigen, innovativen und vor allem vielfältigen Kultur- und Kunstszene.
Doch diese Vielfalt ist in Klagenfurt durch eine massive Streichung der Budgetmittel gerade akut bedroht. Die Freie Szene ist in Klagenfurt wie in allen Landeshauptstädten ein großer Schatz – die ganze Stadt und das Land Kärnten profitieren davon. Die kulturelle Diversität und Vielfalt Klagenfurts darf nicht vernichtet werden!
An Kultur zu sparen, bedeutet gerade in Krisenzeiten, auch Bildung abzubauen, Demokratie zu untergraben, den Rechtsstaat zu schwächen und die Reflexion über das Verständnis dessen, was wir sind, zu unterbinden. Kulturabbau bedeutet Einschränkung des selbstständigen Denkens. Eine reiche und vielfältige Kulturlandschaft ist aber unabdingbar für das Selbstverständnis eines Landes und einer Stadt. Um jedem Menschen den Zugang zur Kultur zu ermöglichen, werden die Kulturinstitutionen zu einem großen Teil öffentlich finanziert. Dies geschieht aus gutem Grund, denn Theater darf keine Elitenveranstaltung sein, sondern ist ein Bürger- und Menschenrecht.
Klagenfurt und Kärnten sind reich an Kultur und gerade die Theaterszene ist ein Korrektiv für die Gesellschaft und die Politik. Kulturschaffende geben Impulse zu unserem humanistischen Denken und Handeln. Kultur erinnert uns an unser Menschsein. Sie öffnet Horizonte. Gerade die aktuellen weltpolitischen Entwicklungen zeigen, dass Kultur mehr denn je von Nöten ist. Ohne Kunst und Kultur wäre unser Leben um viele Facetten ärmer, unser Alltag eindimensionaler, unsere Städte wie auch Klagenfurt eine tote und leere Stadt und als Wirtschafts- und Tourismusstandort wenig attraktiv.
Wir fordern daher alle verantwortlichen Politiker:innen auf, die Kulturkürzungen im Bereich der Freien Szene in der Landeshauptstadt Klagenfurt zurückzunehmen und für eine lebendige und vielseitige Kulturszene einzustehen. Gleichzeitig appellieren wir an die Politiker:innen aller Landeshauptstädte, gemeinsam mit uns für eine vielseitige, lebendige und breit aufgestellte Kulturszene zu sorgen.
Irene Girkinger, Intendantin Tiroler Landestheater
Stephanie Gräve, Intendantin Vorarlberger Landestheater
Marie Rötzer, Künstlerische Leiterin Landestheater Niederösterreich
Andrea Vilter, Intendantin Schauspielhaus Graz
Michael Lakner, Intendant Bühne Baden
Ulrich Lenz, Intendant Oper Graz
Carl-Philip von Maldeghem, Intendant Salzburger Landestheater
Hermann Schneider, Intendant Landestheater Linz
Aron Stiehl, Intendant Stadttheater Klagenfurt
Zum besseren Verständnis: Klagenfurt wird von einem FPÖ-Bürgermeister regiert, die Kultur-Agenden führt ein der SPÖ zugehöriger Stadtrat. Die Sparpläne für das laufende Jahr sehen eine Zwölftel-Regelung vor. Das heißt, die Pflichtausgaben des Vorjahres sollen, auf zwölf Monate aufgeteilt, budgetiert werden. Das bedeutet einen Förderstopp für sämtliche Ermessensausgaben (nicht nur in der Kultur, auch für Bildung Sport, Soziale...). Also für alle Tätigkeiten, für die keine gesetzlich verankerte Förderverpflichtung besteht. Von den Koalitionsverhandlungen im Bund ist dieser Tage durchgesickert, dass die FPÖ neben Innen- und Finanzministerium auch Kultur und Medien als „unverhandelbar“ für sich reklamiere. In Niederösterreich und zuletzt in der Steiermark sieht man die möglichen Folgen bereits. (dpk-krie)