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Ich bin jetzt mal eben weg, sagt Flimm

KOMMENTAR

altVon Reinhard Kriechbaum

27/08/10 Etwas melancholisch und mit leichtem Stirnrunzeln schaut Jürgen Flimm drein auf der letzten Seite der ihm und seiner vierjährigen Direktionszeit (seit dem Sommer 2007) gewidmeten Broschüre.

Die Abschluss-Pressekonferenz am Freitag (27.8.) hat Jürgen Flimm genutzt, um in einem großen Solo zu verkünden, was ein Salzburger Festspielintendant alles leisten müsse und wie achtbar er diese vier Jahre hinter sich gebracht habe. Es sähe so aus, so klagt Flimm, dass der Intendant der Festspiele "offenbar nur an seinen Opern gemessen wird". Dass ihm und seinem Programm "Beliebigkeit" vorgeworfen werde - das ergrimmt ihn nun wirklich. "Wie das Wort ins Spiel kommt, ist mir ein Rätsel, das kann ich nicht verstehen". Abwechslungsreich, vielgestaltig - solche Wörter könnten gemeint sein von den ach so bösen Journalisten, sinniert er. Aber es sei eben "ein bisschen bashing angesagt".

Für seine Abschieds-Pressekonferenz hat Flimm sich gut vorbereitet. Er hat in den Blätterwald hineinblasen lassen und es ist tatsächlich so manche positive Kritik aufgeflogen. Da hat das Pressebüro für Flimm ganze Arbeit geleistet.

In der Flimm'schen Eigeneinschätzung war es allerhöchste Zeit, Opern wie Armida (Haydn), Theodora (Händel), Eugen Onegin, Benvenuto Cellini aufzuführen. "Wir haben den Spielplan erweitert, breiter, größer gemacht", sagt Flimm.

Was die Uraufführung von Rihms "Dionysos" und die Aufführung von Nonos "Al gran sole" betrifft, hat Flimm ja auch wirklich viel Lob verdient und bekommen. Dass Andrea Breth erstmals Oper inszeniert hat, verbucht Flimm in seiner persönlichen Rückschau ebenso auf der Haben-Seite wie die Erst-Engagements von Christoph Loy oder Vera Nemirova. "Ein wichtiger Stern ist der Dirigent Nezet-Seguin", sagt Flimm, dessen Karriere sei "sicher beflügelt worden durch die Festspiele". So wie jene von Sängerinnen und Sängern, die er im Pressegespräch von einer langen Liste abgelesen hat. Der Festspiel- (und oft auch Rollen-)Debütanten waren tatsächlich viele. Was Flimm freilich nicht dazusagt: Das Ensemble-Bilden war keine Tugend in seinen vier Intendantenjähren. Die Youngsters auf der Opernbühne und die Karriere-Macher an den Dirigentenpulten haben sehr, sehr oft ziemlich locker und oberflächlich zusammengearbeitet. Flimms Qualitätsbewusstsein bei der Dirigentenauswahl muss man sehr in Frage stellen.

Aber von so etwas redet er selbst natürlich nicht. Lieber von dem von ihm (als Schauspieldirektor, lange vor der Intendantenzeit) initiierten Young Directors Project, vom Young Singers Project (es ist im dritten Jahr) und dem heuer erstmalig abgehaltenen Young Condoctors Project. Und von den dreitausend Jugendabos natürlich.

Wirtschaftlich gibt es sowieso nichts zu mäkeln: "Wir haben jedes Mal ein Plus erwirtschaftet, nicht bloß eine schwarze Null."

Thomas Oberender streute Flimm im Pressegespräch Rosen - ja wirklich, keine Spur von Zank und Hader, das Kurzzeitgedächtnis funktioniert. Wesentlich glaubwürdiger schon das Statement von Markus Hinterhäuser. Das rundum und ohne Einschränkungen gelobte Konzertprogramm "habe ich auch machen können, nichts wurde infrage gestellt". Und Hinterhäuser fügt hinzu: "Ich kann sagen, dass das nicht bei jedem Intendanten so sein wird." Und nach einer Pause: "Hat man das jetzt verstanden?"

Hinterhäuser meint, dass man Festspiele nicht nach Einzel-Events beurteilen solle, sondern in Hinsicht auf Aura und Nachwirkung. Er verweist "auf die völlige Selbstverständlichkeit, mit der zeitgenössische Musik gemacht wird", und eine "Erziehungsarbeit" in diese Richtung "wird kaum von einem anderen festival geleistet." Das Salzburger Publikum sei "hoch interessiert" und "vie besser als sein Ruf" befindet auch Flimm.

"Ich bin jetzt mal eben weg", sagt Flimm, "in eine andere große Stadt". Nach Berlin gehe er gerne. Und uns lässt er da sitzen in der tiefen Überzeugung, dass wir in ein paar Jahren die Flimm-Zeit in Salzburg schon richtig, sprich: tunlichst positiv einschätzen werden.


 

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