Nippel durch die Lasche
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
20/05/21 Ältere Semester erinnern sich vielleicht noch an den Schlagersänger Mike Krüger und seine Gebrauchsanleitung Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche zieh'n. Wenn wir den Song aus dem Jahr 1980 richtig im Kopf haben: Kurbel ganz nach oben dreh'n, dann erscheint sofort ein Pfeil „und da drücken Sie dann drauf“...
Mit den Wohnzimmertests sind die Kulturverliebten nur unwesentlich schlechter dran. Testkit und Zettel mit QR-Code in der Apotheke holen und daheim Letzteren auf Ersteren kleben. Nase putzen. Mehrere Umdrehungen mit dem Staberl im rechten und dann im linken Nasenloch machen. Ein paar Sekunden in der Testflüssigkeit drehen. Stöpsel draufsetzen und auf den Testkit träufeln. Fünfzehn Minuten warten. Ergebnis inklusive QR-Code fotografieren, Pin-Code abwarten und eingeben, und dann auf die Quittung warten. Haben wir einen Schritt vergessen?
Ach ja, die offizielle App, die den Vorgang unterstützt, lässt derweil noch auf sich warten. Es kochen nämlich nicht nur alle neun Bundesländer Österreichs ähnlich schmeckende, aber eben nicht ganz gleich gewürzte Süppchen. Rundum in der EU, die eigentlich für einheitliche Lösungen da wäre (so's die Einzelstaaten nicht boykottieren), schreiben größere und kleinere Regionen ihre eigenen Regeln und App-Programme. Bei Google und Apple gibt’s erheblichen App-Stau. Daran hakt es angeblich.
Aber glücklicherweise hat der Föderalismus Rezepte für den Umgang mit sich selbst und daher auch diesmal Mittelchen gegen die eigenen Blüten. Gestern Dienstag (19.5.) am Nachmittag des ersten Rundum-Öffnungstages – also nicht wirklich viel zu früh – hat das Land die Lösung vorgestellt, wie man im Bundesland trotzdem zur offiziellen Eintritts-Quittung per Handy kommt: einen Website-Link. Na also, geht ja.
Dass es in Salzburg nur eine einzige Variante dieser Notlösung gibt, wundert uns eigentlich. Kann man wirklich Stadt-Salzburger über dieselbe QR-Code-Leiste scheren wie Pinzgauer oder Lungauer? Wäre es nicht allerhöchste Zeit für eine Tennengauer Test-Variante?
Vielleicht denken wir zu eng. Die Landesverwaltung meint es eh so gut mit uns. Auch mit den Kulturveranstaltern. Die müssen ja Zusammenkünfte zwischen elf und fünfzig Menschen melden, bei mehr Publikum braucht's eine Genehmigung. Angesichts der aktuellen Abstandsregeln werden die meisten Anbieter aus der freien Szene mit dem Melden auskommen.
Nun hat sich offenbar herumgesprochen, dass die Bezirkshauptmannschaften die vielen Meldungen personell absolut nicht administrieren können. Die Lösung: Das Formular kann man direkt auf dem Smartphone ausfüllen und abschicken. Da fällt es nicht auf, dass es eh keiner anschaut. Übrigens: Garagenpartys gehören auch gemeldet, aber das ist nicht unser Revier.
Kafka-Epigone müsste man sein. Es reicht mittelmäßige literarische Begabung, die Ideen liefert das föderalistische Österreich frei Haus.