„Außerordentlich“
STICH-WORT
13/05/15 Die Zahl lässt einem die Haare zu Berge stehen: 5.111 Volksschüler gibt es in Salzburg. Jeder Fünfte – 1.087 – ist als „außerordentlich“ eingestuft. Das heißt, dass man das jeweilige Kind nur sehr bedingt mit Noten beurteilen kann.
Sozial-Stadträtin und Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer in einem Pressegespräch dieser Tage: „Schuld daran sind häufig nicht die fehlenden Deutschkenntnisse, sondern die Gesetzeslage, die ein verqueres System erzeugt.“ Die Realität sehe so aus, dass Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache faktisch diskriminiert würden: „Nur durch genug ‚Außerordentliche‘ lässt sich nämlich die Finanzierung von Extra-Förderstunden in Deutsch vom Bund lukrieren. Da werden offensichtlich die Kinder dem Gesetz angepasst und nicht das Gesetz der Realität“, zeigt sich Anja Hagenauer entsetzt.
Die Vizebürgermeisterin hat das auch schon mit Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek debattiert. Das entsprechende Gesetz sei aus den 1970er Jahren, damals auf Gastarbeiterkinder zugeschnitten gewesen und längst überholt. Anja Hagenauer: „Wenn die Hälfte der Klasse nicht gut genug Deutsch kann, dann halte ich eine Förderung für sinnvoll. So wie jetzt einzelne Kinder allein aufgrund ihrer nichtdeutschen Muttersprache auszugrenzen, ist alles andere als zielführend. Hier sehe ich dringenden Handlungsbedarf.“
Das Problem in absoluter Zahl: Im vergangenen Schuljahr sprachen laut Statistik Austria über 87.000 Kinder im Alltag, also daheim, nicht oder nur teilweise Deutsch. Das sind mehr als ein Viertel der österreichischen Volksschüler. Das „Kiezdeutsch“ ist also auch bei und gelebte Realität. (Der Begriff kommt aus Berlin, wo die Stadtviertel „Kiez“ heißen). Gemessen an dieser Zahl von jungen Betroffenen ist die in den Medien in den vergangenen Tagen und Wochen breitgewälzte Diskussion um die Zentralmatura wohl ein Nobel-Problem.
Unter Sprachpädagogen gilt längst als unbestritten, dass das einwandfreie Beherrschen der Muttersprache einen immensen Vorteil auch beim Deutschlernen bedeute. In Salzburg trägt man dem mit dem „Rucksack“-Projekt Rechnung. Da geht es schon im Kindergarten um die Sprachförderung mit enger Einbeziehung der Eltern an. Dafür und für weitere gezielte Sprachförderungen wende die Stadt rund 300.000 Euro pro Jahr auf, so Anja Hagenauer. (InfoZ/dpk-krie)