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Heilige Gräber

STICH-WORT

03/04/12 Eigentlich – ja eigentlich ist die Sache völlig anachronistisch: in unserer aufgeklärten Zeit „Heilige Gräber“ zu errichten, barocke Kulissenanlagen, die uns die Grabkammer Jesu vor Augen führen, weinende Engel und grimmige römische Wächter, die den „Grablieger“ bewachen.

Von Reinhard Kriechbaum

Und doch: Die Heiligen Gräber boomen. Jedes Jahr werden irgendwo Anlagen restauriert oder neue Heilige Gräber aufgestellt. Tirol war immer schon bekannt dafür. In der Stadt Salzburg strömen Hundertschaften am Karsamstag zu den Heiligen Gräbern in St. Peter, in der Franziskanerkirche (in der Kapelle hinter dem Hauptaltar) oder zu jenem in der Kreuzkapelle im alten Friedhof der Pfarrkirche Mülln. Oder in die in die Kajetanerkirche, wo das Heilige Grab am Ende der Scala santa steht.

Im Tennengau werden derzeit in vierzehn von sechzehn Pfarrkirchen Heilige Gräber gezeigt – und Erwachsene freuen sich wie Kinder, wenn sie vor diesen Anlagen stehen. Glaskugeln sind mit gefärbtem Wasser gefüllt, dahinter stehen Kerzen. Das macht ein magisches Licht. Vor manchem Heiligen Grab stehen auf Holzkulisse gemalte Grabwächter, an manchen Orten gibt es aber echte Grabwächter. In Hallein übernimmt das die Bürgergarde, auf dem Dürrnberg stehen die Salzknappen stramm.

Erstaunlich, diese Renaissance an heiligen Gräbern. Offenbar ist es eine Sache, die Menschen emotional anspricht. Der Tyrolia-Verlag bietet heuer erstmals sogar ein Heiliges Grab als Papier-Ausschneidebogen an, in der Art einer Weihnachtskrippe werden die Figuren aufgestellt. Also auf zum Schnipseln! Wir haben es ausprobiert: Zwei Abende braucht es schon, bis die 24 Figuren und Dekorationsteile hergerichtet sind, die Personnage für Grab und Auferstehung.

Allemal interessant, nach dem Woher eines solchen Dings im Nazarenerstil zu fragen. Der Ausschneidebogen (auf zwei Kartonen) war bis in die 1950 ein in Tirol weit verbreitetes „Familienheiliggrab“. Die Figuren sind dem Heiligen Grab der Innsbrucker Jesuitenkirche aus dem Jahr 1840/41 nachempfunden. Sein Schöpfer war Josef Arnold d. Ä. (1788-1879), der führende Kirchenmaler in Tirol um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Er hat auch die Heiligen Gräber für die Hof-, die Johannes- und die Jesuitenkirche in Innsbruck sowie für die Kirchen in Igls, Gnadenwald und Wattens geschaffen.

Heiliges Grab aus Tirol. 24 Figuren zu Tod und Auferstehung Jesu zum Ausschneiden nach Josef Arnold d. Ä. (1788–1879). Verlag Tyrolia, 2012, 9,95 Euro. - www.tyrolia.at
Ein ausführlicher Beitrag über die Heiligen Gräber ist im Buch „Scheller, Schleicher, Maibaumkraxler. Bräche in Österreich – Fasching, Ostern, Frühling“ von Reinhard Kriechbaum enthalten (Verlag Anton Pustet) - www.pustet.at
Bilder: dpk-krie

 

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