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Castingshows

STICH-WORT

04/08/11 Die Gefahr ist weniger, dass Mädchen den Vorbildern nacheifern und sich zu Tode hungern. Eher problematisch, laut einer Studie aus Salzburg: Die jungen Leute verinnerlichen in Castingshows, dass man sich bedingungslos unterordnen müsse und Erwartungen zu erfüllen habe.

altDie Salzburger Medienwissenschafterin Christine Wijnen vom Salzburger Institut für Medienbildung hat sich in ihrer neuesten Studie TV-Castingsshows als Forschungsgebiet ausgewählt. Das Ergebnis zeigt eine auf den ersten Blick positive Anregung der Shows zu Leistungsbereitschaft. Bei näherer Betrachtung aber zeigen sich Schattseiten: unreflektiertes Konkurrenz- und Gehorsamsverhalten

Über ein ganzes Schuljahr arbeitete Christine Wijnen mit 17- bis 18-jährigen Schülerinnen und Schülern der Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe in Ried am Wolfgangsee zusammen. Vor allem Model-Castingshows, bei denen die Inszenierung von Körperlichkeit, Schönheitsidealen, Körperbeherrschung und Selbstdisziplin besonders im Vordergrund steht, sei aufschlussreich gewesen. Die jungen Leute befinden sich in einer Lebensphase, in der die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper, mit Frauen- und Männerbildern sowie die Identitätsfindung von großer Bedeutung sind.

Im Forschungsprojekt „Model-Castingshows im Alltag von Jugendlichen“ war also die Frage, wie sich die große Beliebtheit solch zweifelhafter medialer Unternehmungen auf das Selbstverständnis junger Leute im Alltag niederschlägt. Christine Wijnen erklärt: „Das zentrale Ergebnis der Studie ist weniger ein bedenklicher Schönheitskult, der diesen Shows oft angelastet wird. Vielmehr ist es die Botschaft: Du erreichst alles, wenn Du willst und wenn Du hart genug an Dir arbeitest. Bei Jugendlichen können solche eindimensionalen Aussagen zu erhöhten Selbstzweifeln und in Folge dessen auch zu Burnout-Risiken führen.“

Sowohl Mädchen als auch Burschen schauen regelmäßig Model-Castingshows an. Männlichen Jugendlichen ist es aber oft peinlich, dies zuzugeben. Die Burschen sind oft beeindruckt von Ehrgeiz, Durchhaltevermögen und konsequentem Training der Kandidatinnen. Mädchen setzen sich eher kritisch mit dem Format Model-Castingshow auseinander. Bescheid wissen wollen aber alle, um mitreden zu können.

Alle befragten Jugendlichen sind sich einig, dass die Kandidatinnen die Erwartungen der Jury erfüllen müssen und nicht dagegen aufbegehren dürfen, um erfolgreich zu sein. Analogien zwischen dem Verhalten der Models und dem eigenen Leben werden sehr wohl hergestellt: „In Hinblick auf Schule und auf berufliche Zukunft betonen viele der befragten Jugendlichen die Notwendigkeit, sich in ständiger Konkurrenz zu anderen beweisen zu müssen. Besonders deutlich wird die Wirkung der ausgeprägten Konkurrenzformel bei jungen Menschen mit einem Lebensumfeld, das von Migration, Jugendarbeitslosigkeit und schlechteren Zukunftschancen geprägt ist.“ Vor allem das immer wiederholte und zelebrierte Zitat, hart an sich zu arbeiten, scheine diesen jungen Menschen der Schlüssel zum Erfolg zu sein. Die Inszenierung der Figur Heidi Klum als Powerfrau mit eiserner Disziplin fasziniert die Jugendlichen in besonderem Maße.

Die Studie spiegelt auch, dass für Jugendliche weniger ihre Individualität zählt als eine perfekte Anpassung an die Vorgaben der Jury bzw. im übertragenen Sinne an die Vorgaben der Gesellschaft. „Sie finden es auch legitim, heftig dafür kritisiert zu werden, wenn man diesen Anforderungen nicht entspricht.“
(Aktion Film/Institut für Medienbildung)

Die Aktion Film Salzburg bietet den 148 Seiten starken Forschungsbericht zum Download an.  www.aktion-film-salzburg.at
Bilder: Aktion Film

 

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