Hund statt Mohr
STICH-WORT
25/08/22 Im Rosenkavalier bringt der „Mohr“ das Frühstück. Er sorgt auf Auftrag der Marschallin auch dafür, dass die silberne Rose bei Oktavian landet. Laut Hofmannsthals Libretto hört er auf den Namen Mohammed. – Bevor nun Erregung ausbricht: Das Landestheater sucht für die Saisoneröffnung keinen kleinen Schwarzen.
Von Reinhard Kriechbaum
Gesucht werden „zwei mittelgroße bis große Hunde“, schließlich findet diese Premiere ja in der Felsenreitschule statt. Mit Dackel oder gar Chihuaha geht da aufgrund der Dimensionen gar nichts, die beiden Tiere müssen etwas hermachen: „Sie sollen auf der Bühne einen Auftritt der adeligen Feldmarschallin begleiten und dahingehend ein extravagantes, gepflegtes und elegantes Äußeres aufweisen, wie etwa lang- oder kurzhaarige Windhunde oder auch die Rasse Königspudel“, heißt es in dem Casting-Aufruf des Landestheaters.
Klare Vorstellungen also. Vorausgesetzt wird „ein Tier mit friedlichem Wesen und starken Nerven, das bühnentauglich ist und sich durch Licht sowie Lautstärke durch Gesang und Orchestermusik nicht aus der Ruhe bringen lässt“. Beides ist ja absolut nicht zu vermeiden im Rosenkavalier. „Gutes Benehmen und Leinenführigkeit sind ebenfalls von Vorteil.“ Das sollte für Hund und Herrl/Frauerl gleichermaßen gelten.
Nicht gesucht wird ein Grasaff. Von einem solchen – „appetitlich, keine fünfzehn Jahr“ – singt der Baron von Lerchenau. Das Nachschauen im österreichischen Wörterbuch macht sicher: Es geht um kein Tier. Unter Grasaff verstand man früher einen unreifen, eitlen Menschen. Und was den Mohren angeht: Der hat ja angeblich seine Schuldigkeit getan, seit Schillers Zeiten schon. Täten woke Probleme dräuen bei einer Aufführung der Verschwörung des Fiesco zu Genua?
Nachgelesen bei Schiller: Muley Hassan („ein konfiszierter Mohrenkopf, die Physiognomie eine originelle Mischung von Spitzbüberei und Laune“) war für den Grafen Fiesco als Spitzel unterwegs. Statt Trinkgeld zu geben, droht Fiesco mit dem Galgen. Muley Hassan, frustriert: „Der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohr kann gehen.“ Zu sich selber Mohr sagen wird er wohl noch dürfen. Von Schuldigkeit ist bei Schiller übrigens gar nicht die Rede, das Zitat ist eine Mystifikation.