asdf
 

Zwischenspiel auf dem Theater

STICH-WORT

19/03/20 Es wird hoffentlich nicht eine Sache à la 1001 Nacht, aber bei zehn Tagen – genau diese Zeitspanne verbirgt sich hinter dem Wort Decamerone – bleibt es auch ganz gewiss nicht: Im Salzburger Landestheater hat man sich für die Zwangspause jedenfalls ein hübsches Motto ausgedacht: Getrennt vereint: Zwischenspiel auf dem Theater. Täglich gibt es kleine Videofilmchen auf der Homepage.

Von Reinhard Kriechbaum

So möchte man, wie in einer Presseaussendung am Mittwoch (18.3.) Nachmittag heißt, „mit dem Publikum in Verbindung bleiben und den Kontakt und Zusammenhalt untereinander stärken“. Gestern hat das virtuelle Zwischenspiel auf dem Theater begonnen. Jeden Tag werden auf der Homepage (und auf Youtube) künstlerische Botschaften online gestellt, die Mitglieder des Schauspiel-, Opern- und Ballettensembles aus ihren eigenen vier Wänden zuliefern. Versprochen sind „Texte, Videos und Audioaufnahmen, Erbauliches und Nachdenkliches, Kurioses und Philosophisches, Erinnerungen an markante Theaterproduktionen und Gedanken zur aktuellen Situation“.

Den Beginn macht die Primaballerina Márcia Jaqueline, die sich unter dem Stichwort Quarentine 48 Sekunden lang quasi in ihrem „Homeoffice“ beobachten ließ. Für eine Tänzerin heißt das: Üben und gelenkig bleiben, auch wenn tagsüber keine Probe und abends kein Auftritt im Kalender stehen. DrehPunktKultur hat den Spot im neuen Angebot  KULTUR – VIRTUELL  als heutigen Tagestipp ausgewählt.

Als literarisches Vorbild für das virtuelle Angebot des aufführungsmäßig kaltgestellten Landestheaters dient Giovanni Boccaccios Il Decamerone. Die hundert Novellen dieses „Zehn-Tage-Werks“ (das bedeutet der Titel) laufen zwar zu einem Gutteil als erotische Literatur – aber die Rahmenhandlung passt gut auf die gegenwärtige Situation: Man schreibt das Jahr 1348, in Florenz wütet die Pest, weswegen sich eine Gruppe von Leuten für zehn Tage in eine Landvilla ins nahe Fiesole zurück zieht. Dort vertreibt man sich die Zeit mit gegenseitigem Geschichten-Erzählen. Jeden Tag wird ein anderer oder eine andere als Königin oder König bestimmt und gibt ein Thema vor.

Zu den künstlerischen Grußbotschaften der Ensemblemitglieder kommt noch etwas: Der Schauspieler Christoph Wieschke wird jeden Tag aus Albert Camus' Roman Die Pest lesen. „Von den dort beschriebenen Mechanismen im Angesicht der Krise lässt sich auch in unserer gegenwärtigen Situation profitieren“, heißt es in der Presseaussendung. „Zentral ist dabei der Glaube an das Weitermachen, an die Hoffnung und die Sinnhaftigkeit des Tuns.“

Das Zwischenspiel auf dem Theater wird so lange fortgesetzt, bis sich die Türen des Salzburger Landestheaters wieder für den Proben- und Vorstellungsbetrieb öffnen werden.

www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Wikipedia (1); Salzburger Landestheater/Tobias Witzgall (1); Salzburger Landestheater (1)

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014