Schlaflos im Gasteinertal
STICH-WORT
03/07/19 Fast schämen wir uns, wie alt wir sind. Aus der Zeit gefallen. Mit dem Gasteinertal verbinden wir nämlich immer noch zuallererst gesundes Wasser und Schifahren. Und ja, schrullige Aktivitäten der Eingeborenen, das Krampustreiben und den Perchtenlauf.
Von Reinhard Kriechbaum
Da kommt heute Mittwoch (3.7.) ein Mail von Gastein Tourismus mit der Headline: „Das Parkett der Alpen ist eröffnet!“ Es geht um das Tanz:Fest Bad Hofgastein, das bereits zum dritten Mal stattfindet. Salsa, Tango, Walzer oder Cha-Cha-Cha bis hin zu Bauchtanz, NIA oder Volkstanz – insgesamt werden Insgesamt werden 41 Tanzeinheiten und vier Workshops aus 15 Tanzrichtungen angeboten.
Heiß wird es wohl hergehen bei dem Event, der mit einem Eröffnungstanzfest am Kaiser-Franz-Platz in Bad Hofgastein am Donnerstag (4.7.) startet: „Kaiser Franz tanzt“. Staunend lesen wir weiter in der Presseaussendung: „Der Freitagmorgen beginnt flott mit Cha-Cha-Cha gefolgt von Belly Dance, Salsa und Tango Argentino. Abends heißt es Feiern, Abtauchen und Urlaubsfeeling genießen, denn bei feurigen Rhythmen und der Latino-Poolparty im tropischen Ambiente mit Animation, Workshops und Cocktails in der Alpentherme Bad Hofgastein wird den Besuchern viel geboten.“ Und in dem Tonfall geht’s dann weiter bis Sonntag (7.7.).
Nicht, dass sonst nichts los wäre in der Gegend: Die Durststrecke im Vorfeld der Semesterferien will durchgetaucht sein, dafür hat man den Event Art on Snow Gastein erfunden, dem man heuer ein dreitägiges Musikfest Sound & Snow Gastein vorlagerte. Snow Jazz Gastein (immer im März) ist längst ein Fixtermin im Salzburger Musik-Festivalreigen. Man lockt damit Gäste zu einer Zeit, da das Schifahren eigentlich für den jeweiligen Winter abgehakt ist. An einem Abend im März gibt’s das Gondeldinner: Da fährt und isst man in der (wir mutmaßen: gut geheizten) Gondel, und immer wenn man in der Talstation vorbeikommt, wird ein neuer Gang hinein gereicht. Ebenfalls im März fand zuletzt auch das Amadé Winterfest auf der Wengeralm in Dorfgastein statt, angeblich mit „richtiger Partystimmung“, für die Johanns Erben und Melissa Naschenweng sorgten.
Die Herausforderung sind sowieso die Zwischensaison-Zeiten: Dafür gibt’s beispielsweise den einwöchigen Yogafrühling Gastein, laut Website von Gastein Tourismus ein „ internationales Top-Event“, das Entspannung bringt und den Kopf frei macht. Yogaherbst auch, sowieso.
Das altmodische Kurorchester (das vorletzte seiner Art in Österreich) hat man in die Wüste geschickt, dafür hat in der warmen Jahreszeit die Philharmonie Salzburg die Gästebeschallung übernommen. A propos: Wo bleibt heuer der Tenor Juan Diego Flórez, der vorigen Sommer im Juli ein Konzert in der Alpenarena gegeben hat? Wir werden uns also mit Schubert in Gastein (einem Festival der Camerata Salzburg von 12. bis 15.9.) begnügen müssen, das immerhin in einer Version 2.0 angekündigt ist: Da dürfen junge Musikerinnen und Musiker im Alter zwischen 13 und 17 Jahren bei einem Format „Side by Side“ sowohl beim Eröffnungs- als auch Schlusskonzert neben den Orchesterprofis spielen. Und der Clou: „Mit Blick auf den höchsten Berg Österreichs, den Großglockner, spielt die Camerata bei 'Conduct Us' auf dem Stubnerkogel in 2246 Meter Seehöhe klassische Musik. Hier kann sich jeder Musikfreund seinen Traum erfüllen einmal ein Orchester zu dirigieren.“ (Zitat aus den Unterlagen der Camerata-Jahresvorschau).
Wer sich mit kleineren Klassik-Brötchen zufrieden gibt: Alm:Klassik 2019 gibt es auch: „Von 25. August bis 8. September ziehen klassische Klänge über die Bergwiesen“, heißt es dazu poetisch auf der Website von Gastein Tourismus. Von 26. bis 28. Juli wird die Performance Herde und Stall, die Hubert Lepka und das Künstlerteam von Lawine Torrèn jüngst bei der Sommerszene in der Stadt Salzburg präsentierten, auf der Gadaunerer Hochalm in Bad Hofgastein zu erleben sein: Lepka, der im Tiroler Sölden oft und oft hat Hannibal die Alpßen überqueren lassen, gibt sich da vom Alten Testament inspiriert.
sommer.frische.kunst in Bad Gastein entdecken wir noch auf der Website, mit der vollmundigen Ansage: „Die Kunst gehört zu Bad Gastein wie die imposanten Berge und die prächtigen Belle-Époque-Bauten.“
Ach ja, fast hätten wir auf Summer.jazz.in.the.city vergessen. Im Juli und August wird der Merangarten in Bad Gastein jeden Mittwoch zur Open Air-Arena für Jazz. Klingende Höhen, ein volksmusikalischer Almwandertag am 18. August in Dorfgastein, wird die betulicheren Geister locken, zuvor noch das Gasslfest in Bad Gastein (12. Juli). Da spielt die Blasmusik auf, und bei Gastein Tourismus erklärt man die Bezeichnung mit Betriebsamkeit in den Gassen des Ortes. Eigentlich war das „Gasseln“ ein sehr intimer, tunlichst unter der Tuchent zu haltender Brauch: das Fensterln...