Glücksbringer
STICH-WORT
30/12/17 Ganz so sonnenklar ist die Sache mit dem Rauchfangkehrer als Glücksbringer in Zeiten der Fernwärme nicht mehr, aber trotzdem: Toi, toi, toi, allen Leserinnen und Lesern des DrehPunktKultur, wenn Sie einen Rauchfangkehrer sehen. Nicht nur rund um Silvester.
Von Reinhard Kriechbaum
In Wien gibt es eine hübsche Legende, wie der Berufsstand zu seinem Glücksbringer-Image gekommen ist: Jener K.u.K. Hofrauchfangkehrer, der mit der Reinigung der Kachelöfen im Schloß Schönbrunn beauftragt war, soll in einem begehbaren Heizschacht eine Verschwörung gegen das Kaiserhaus mitgehört, aufgedeckt und somit den Bestand des Kaiserhauses gerettet haben. Da hatten die Habsburger also guten Grund, an den rußigen Gesellen als Glücksbringer zu glauben...
Als solcher galt er aber nicht von Anfang an. Ob der Schwärze setzte man ihn dem Teufel gleich. Es gibt Zeichnungen und Gemälde, auf denen der Teufel als Rauchfangkehrer mit Hörnern und Hufen dargestellt ist. Zwar trauten abergläubische Menschen dem Rauchfangkehrer die Fähigkeit zu, Geister zu bannen – aber angeblich tat er es mit Hilfe des Teufels.
Die Berufsgruppe schritt zur ideologischen Gegenwehr: Zu Neujahr kamen die Gesellen ins Haus, überbrachten die Jahresrechnung und verbanden dies mit den besten Glückwünschen. Das war bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts noch so. Bald überreichten die Rauchfangkehrer zu diesem Anlass auch ein Kalenderblatt, das meist an markanter Stelle in der Wohnung angebracht wurde und ein wichtiger Begleiter das ganze folgende Jahr hindurch war. Die Figur des Schornsteinfegers war endgültig zum Glücksbringer mutiert.
Hausbesuche sind nicht mehr üblich – aber auch heuer rückte eine Delegation der Rauchfangkehrer-Innung aus, um unter anderem dem Salzburger Landeshauptmann ihre Aufwartung zu machen. So viel Tradition muss einfach sein. Der Berufsstand hat über ein halbes Jahrtausend Geschichte: 1512 wurde Hans von Mailanth (Mailand) von Kaiser Maximilian I. zum ersten namentlich bekannten konzessionierten Rauchfangkehrermeister bestellt.
Warum Rauchfangkehrer, Kamin- oder Schornsteinfeger vielerorts vor allem zu Beginn eines neuen Jahres als Glücksbringer gelten, hat vor allem einen praktischen Grund, wie die Expertin vom Salzburger Landesinstitut für Volkskunde, Ulrike Kammerhofer, erklärt: „Seit dem Mittelalter war in den Städten das gewerbliche Kaminkehren Vorschrift, denn die Burghäuser waren teils aus Holz und deshalb war die Ausbreitung von Bränden ein großes Problem.“
Weit verbreitet ist auch die Hoffnung, durch das Berühren des rußigen Rauchfangkehrers oder durch das Anschwärzen Glück zu erlangen. „Man schreibt dabei dem Objekt eine aktive Kraft zu, die sich bei Berührung übertragen kann. Aber für die meisten Menschen ist das heute bzw. seit der Zeit der allgemeinen Bildung und Aufklärung kein Aberglaube mehr, sondern eine kulturell erlernte, übernommene Praxis der Beruhigung, ein kleines, lieb gewordenes Ritual“, so Kammerhofer.
Und auch das Trinkgeld für den Rauchfangkehrer hat eine eigene Kulturgeschichte. Alle jene Berufe, die zu gewissen Jahreszeiten einen geringeren oder gar keinen Verdienst hatten, durften bis ins 19. Jahrhundert ganz offiziell sammeln gehen, verbunden mit „ideellen Diensten für die Gemeinschaft“, wie eben die Jahreszeiten ankünden. Das Geld für den Rauchfangkehrer sei also nicht nur Bezahlung, sondern auch eine Gabe dafür, dass er Unglück abwendet und Gutes für das Neue Jahr wünscht, erklärt Ulrike Kammerhofer.