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Mozart etwas verwaschen

FESTSPIELE / c-MOLL MESSE

08/08/24 Der Musik konsumierende Durchschnittsmensch hat vermutlich den Namen Jan Dismas Zelenka (1679-1745) nicht so im Fokus. Das Leben des tschechischen Barockkomponisten ist nur spärlich dokumentiert. Nun erklang seine Musik zusammen mit einer etwas verwaschenen c-Moll Messe in St. Peter. Es spielte das Collegium 1704 unter Václav Luks.

Von Erhard Petzel

Zelenka jedenfalls studierte Kontrapunkt bei Johann Joseph Fux in Wien und war in Diensten am Dresdner Hof. Statio quadruplex pro Processione Theophorica ist das älteste von seinen erhaltenen Werken. Quellenlage und Erschließung kompliziert. Auf Prozessionen wird das Allerheiligste in der Monstranz mitgeführt, wie etwa zu Fronleichnam. Zelenkas Werk deckt alle vier Stationen musikalisch ab. Die Liebe des Herren erfüllt die Erde mit dem Appell, die Gesetze hinter dem Gotteswerk begreifen zu wollen: We in der Polyphonie der Renaissance schwebt das Misericordia als duftiges Klanggewebe durch den Raum. Die Stimmen schwellen an und ab zu großen gemeinsamen Bögen unterschiedlicher Binnendynamik. Dramatische Fugati in Exaudi mit Engführung vor einem exaltierten Schluss in eine sanfte Erlösung. Ein Sopranchoral beschwichtigt in Station III den glühenden Zorn ringsum. Ein Gewebe aus Fugati soll Gott von weiterem Unheil abhalten. Ein homophones Da pacem, Domine spaltet sich auf und wird von einem spitzen in diebus nostris konterkariert. Beide Bewegungen entfalten in energischem Kampf und kontemplativer Bitte anspruchsvolle polyphone Kontrapunktik in Station IV. Zelenka ist also tatsächlich für viele eine bereichernde Entdeckung (die Salzburger Bachgesellschaft hat in freilich immer wieder mal im Focus, Anm.) und zu Recht von Václav Luks gefördert.

Wie sich Zelenka für sein Sakralwerk von den Techniken alter Meister animieren ließ, so auch Mozart nach Erforschung der Bibliothek van Swietens, wo er ausgiebig Bach und Händel studierte. Das hört man seiner Missa c-Moll KV 427 vor allem in den instrumentalen Einleitungen an. Die ist zwar ein Torso geblieben – am Mittwoch (7.8.) war die von Richard Maunder ergänzte Fassung zu hören – hat aber wahrscheinlich einen engen Bezug zum Aufführungsort. Denn die Messe dürfte im Zusammenhang mit der Verehelichung der Mozarts stehen und zum Vater nach Salzburg mitgenommen worden sein. Jedenfalls wird eine Messe in St. Peter in Briefen erwähnt, bei der Constanze einen Sopran-Part übernahm. Der Chor wandert zurück in den Altarraum, damit das Orchester Platz findet (bei Zelenka eine kleine Streichergruppe mit Orgel-Continuo). Damit setzen aber auch die Probleme ein.

Denn die großartig angelegte Polyphonie Mozarts gerät im Raum zur Waschküche. Luks ist direkt vor dem Volksaltar platziert. Er dirigiert klar und präzise (optische Prägnanz ist für das gesamte Ensemble überlebenswichtig), Chor und Orchester folgen bereitwillig und mit Verve, doch ist es an polyphonen und dynamisch exzeptionellen Stellen zu laut und zu schnell für den Kirchenraum. Das ist schade und macht Stress. Dem Solistenquartett gelingt es dennoch, sich zu orientieren und in den Abschlägen beim Benedictus das Staffelholz für die Koloratur-Läufe passgenau weiterzugeben und aufzunehmen. Dabei floss wohl ein Golfstrom Cortisol.

Die sängerischen Leistungen der Solostimmen haben sehr überzeugt. Kateryna Kasper, eingesprungen für Katharina Konradi, zeigt gleich im Christe satte Tiefe und perlende Höhen für ihren lyrischen Part. Ana Maria Labin zündet im Laudamus te vor lauter Freude ein dramatisches Opernfeuerwerk. Beide Soprane harmonieren im Domine Deus. Krystian Adam hält im Koloraturen-Konzert des Quoniam problemlos mit. Bass Krešimir Stražanac muss auf sein einziges Engagement im Benedictus warten, zeigt dort aber, dass er mit Stimmfülle und Akrobatik den Höhenflügen der anderen um nichts nachsteht. Das Holz des Collegium 1704 fügt sich geschmeidig in die geschmackvollen Sopranfiguren im Et incarnatus est, wo Kasper strahlende lyrische Höhen mit einzelnen Brunnentiefen kontrastiert. Der Chor des Collegium 1704 besticht, sowieso bei Zelenka, bei Mozart über den düsteren Orchester-Punktierungen etwa im Gratias agimus tibi und im Kyrie. Das abschließende Hosanna verschwimmt leider zur zu hastig angerührten Suppe. Das Publikum spendete reichen Applaus, ging erbaut hinaus und erleuchtet nachhaus. Aus.

Bilder: SFS / Marco Borrelli

 

 

 

 

 

 

 

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