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Die Natur schlägt zurück

STADTGALERIE / BERGMÜLLER

28/02/25 Schlechtes Gewissen! Bei jedem Schritt dröhnt es laut. Die Stadtgalerie, einer der schönsten Ausstellungsräume Salzburgs, wird erschüttert. Innehalten. Weiter. Es sind die eigenen Schritte! Sie lösen das Dröhnen aus, sobald man sich dem überdimensionalen Huflattich-Blatt – brutal „kopfunter“ aufgehängt – auch nur von weitem nähert.

Von Heidemarie Klabacher

Es sind Werke von Franz Bergmüller. Sie irritieren bei aller Eleganz und scheinbaren Zugänglichkeit ziemlich nachhaltig. Da sind zunächst die beiden gestochen scharfen Grashalme zwischen Plexiglas. Die Größe verwundert. Zwar werden die Auswirkungen des Klimawandels auch vor heimischen Gräsern nicht halt machen, aber dass neben unnatürlichem Größenwachstum auch noch Klone hervorgebracht werden? Zwei identische Grashalme gibt es nicht auf Erden, da ist der liebe Gott oder die Natur persönlich davor.

Gabriele Wagner, Leiterin der Stadtgalerie klärt auf, und bei genauem Hinschauen erkennt man es auch: Es sind fotografierte, vergrößerte und akribisch aus dem Fotopapier ausgeschnittene Gräser. Damit ließe sich natürlich ein ganzes Feld begrünen. Im Duo wirken die monumentalen Fake-Gräser ikonografisch: Eine stark verfremdete Erinnerung an gepresste Pflanzen in den Mappen naturkundlicher Sammlungen des 19. Jahrhunderts. Zwischen Buchdeckel oder ins Poesiealbum passen diese unbetitelten Arbeiten aus der Serie Wiesenstücke im Format 120 mal 180 freilich nicht.

Und das Gedröhn? Die ins Bedrohliche vergrößerte Fotografie eines ansonsten schlichten, gesund-grünen Löwenzahnblattes hängt kopfunter – das allein ist schon irritierend und erinnert an Schlachtung – in einer Nische. Nähert sich der Betrachter, haut ein zürnender Gott, eine erboste Göttin oder wiederum die Natur selbst auf die Pauke: „Es reicht.“

Auf Zehenspitzen umschleicht man die Sound-Installation mit Bewegungsmelder, ebenfalls aus der Serie Wiesenstücke. Man sieht den Paukenschlägel hinter der Foto-Arbeit und versteht den technisch simplen, in der Wirkung aber beinah verstörenden Zusammenhang: Wir lösen das selber aus. Wie sovieles in der Natur, die sich wehrt... Franz Bergmüllers Arbeiten sind wohltuend unpädagogisch. Der Künstler drängt sich nicht auf. Er bietet seine geradlinigen unprätentiösen Arbeiten zur gefälligen Betrachung an und fordert zugleich mit fast hinterhältigem Understatement dazu auf, Stellung zu beziehen.

Zu sehen sind technisch brillante Fotoarbeiten, die da und dort einen Hang zum Skulpturalen haben. Wenn etwa das raumhohe Endlos-Fotopapier mit schlanken Schwarzweiß-Bäumen plötzlich eine Art Bauch bildet und dreidimensional wird. Da könnte man Ironie vermuten. Aber gleich daneben ist das Foto eines Baumstumpfes auf eine Holzplatte aufgebracht, die Fotografie zerrissen, das Holz, billig aus dem Bauhaus, brüchig. Fast witzig dagegen die sich hektisch hinundher bewegende Buchseite aus einem Kunstband aus der Serie Wiesenstücke/Dürer. Dieser konnte auch schöne Gräser...

An die Frühzeit der Fotografie erinnert dagegen ein Fotoprint aus der Serie Studio Stills, auf dem die Silhouette des Künstlers und allerhand fotografisches Equipment auf scheinbar zerkratzter Fotoplatte geisterhaft zu sehen sind. Da spielt das Spiel mit dem Bildträger eine entscheidende Rolle.

Geradezu klinisch wirkende Prints von Fotos, die längere Zeit in der Natur vor sich hin vergammeln durften, vermitteln ein Odeur von Fäulins und Chemie zugleich. Spannend also auch die Arbeiten aus der Serie re:nature. Insgesamt sind nur 17 Neue Arbeiten Bermüllers ausgestellt. Jede erzählt eine Geschichte.

Franz Bergmüller studierte Bildhauerei, Objektkunst und Bildnerische Erziehung am Mozarteum. Seit 1991 arbeitet er in den Bereichen Objektkunst, Fotografie, Film, Sound/Performance. 1990 gründete er die Künstlergruppe Büro Josef Böhm mit Pollhammer und Huyer, 2010 die Künstlergruppe SK Schülerkebap mit Siegfried Zaworka und 2021 das Sound Performance-Projekt ROT mit Markus Kircher.

Franz Bergmüller. Neue Arbeiten – Ausstellung in der Stadtgalerie Lehen bis 29. März jeweils dienstags, donnerstaags und freitags 14 bis 18 Unr, mittwochs 14 bis 19 Uhr und samstags 11 bis 15 Uhr – www.stadt-salzburg.at
Bilder: dpk-klaba

 

 

 

 

 

 

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