Liebeslied in 88 Sprachen
REPUBLIC / BODO WARTKE
08/03/10 „Lieber wieder überwiegend Lieder über Liebe“ hätte der Titel von Klavier-Kabarettisten Bodo Wartkes neuem Programm eigentlich lauten sollen. Zu lang für ein Plakat. Daher: „Achillesverse“. Ist ja auch beinahe dasselbe.
Von Michael Russ
Das Publikum im ausverkauften Republic wusste natürlich im Voraus, das Bodo Wartke Liebeslieder der anderen Art singen würde. Er stieg mit einem Lied der Kategorie „glückliche Liebe“ ein, bei dem es um die Freundin geht, deren Vater Schönheitschirurg ist. Die Tochter ist Papas Lieblingsmodell, er erprobt an ihr immer die neuesten Trends, mal ist sie üppig, mal schlank, mal magersüchtig. Die ständige Änderung des Aussehens führt zu Verwirrung, weil der Freund nie weiß, „Ist sie es oder ist sie es nicht?“, und auch schon mal die Falsche zu unzüchtigen Handlungen aufgefordert hat. Seit dem darauf folgenden blauen Auge fragt er die Freundin immer vorher nach ihrem Namen. Sie heißt übrigens Klaus.
Wartke ist nicht nur ein toller Texter, er ist auch ein ausgezeichneter Sänger und Musiker. Als „Klavier-Kabarettist“ beherrscht er sein Instrument aus dem ef-ef, baut in die selbstkomponierten Lieder immer wieder Zitate von „Great Balls of Fire“ bis zu „Chopins Trauermarsch“ ein. Diesbezüglicher Höhepunkt ist die Wiedergabe von Mozarts Symphonie Nr. 40 als Tango. Auch zeigt er, dass das Lied der Kategorie „unglücklich Liebe“ Titel „Schlampe, du hast mich verlassen“ nach Moll verlangt und in C-Dur wenig glaubwürdig klingt.
Zwischendurch verlässt er Klavier und Liebeslied und liest aus seinem Tagebuch über eine völlig skurrile Zugreise mit der Deutschen Bahn oder rappt ein Lied von einem Spaziergang durch eine Berliner Fußgängerzone, der in die verschiedensten Hundehäufchen führt. Dabei erweist er sich auch als talentierter, ausdrucksstarker Tänzer.
Als Schlusspunkt des netto zweieinhalbstündigen Abends bringt Wartke sein „Liebeslied“, was vom beachtlich großen Fanblock begeistert begrüßt wird. Dabei singt er eine gereimt, vierzeilige Liebeserklärung erst auf Deutsch, wiederholt in Englisch und Französisch, nach einem deutschen Refrain folgen Holländisch, Japanisch und Russisch. Nach dem erneuten Refrain bietet er dem Publikum an, drei Sprachen auszuwählen, nach einigem hin und her einigt man sich auf Latein, Arabisch und Klingonisch. All das absolviert er mit diversen Abschweifungen und Kommentaren (Ja, er habe Latein in der Schule gemocht, schließlich sei er ein „Latin Lover“), was im Publikum immer wieder schallendes Gelächter auslöst. Dieses „Liebeslied“ ist Wartkes bisher größter Erfolg, auf seiner Homepage singt er die Liedbausteine in 88 teils ausgefallenen Sprachen. Homepagebesucher können eine Variante aus neun Sprachen in drei Strophen generieren und als MP3 an Freunde verschicken. Außerdem ist jeder eingeladen eine Übersetzung in einer weiteren Sprache zu liefern, reimen soll es sich halt.
Bodo Wartke hebt sich aufs Angenehmste von der Masse der deutschen Krawall-Comedians ab. Natürlich verzichtet er auch nicht auf Kalauer und Hinhauer, aber seine Texte bieten doch einiges an Niveau. Er geht auf das Publikum ein, reagiert spontan auf Meldungen der Zuschauer und lässt auch immer mal wieder - trotz dreiteiligem Anzug und strenger Brille - den Lausbuben aufblitzen. Er hat Freude an seiner Arbeit, bringt vollen Einsatz und wurde dafür im Republic mit stehenden Ovationen belohnt.