Sie hat ein Haus, ein kunterbuntes Haus
LANDESTHEATER / PIPPI LANGSTRUMPF
12/11/13 Durch dieses Haus wirbelt sie manchmal sogar mit Scheuerbürsten an den Füßen: Pippi Langstrumpf, eine der wohl bekanntesten Kinderbuchfiguren der Welt, hat sich nun auch auf der Bühne des Landestheaters niedergelassen.
Von Ursula Trojan
Schon die aufregende Kulisse entlockt den jungen Zuschauern im ersten Moment ein staunend-freudiges Murmeln. Was gibt es da nicht alles zu entdecken im Inneren von Pippis Villa Kunterbunt: Das riesige blaue Bett hat einen Himmel aus lauter Schirmen (auch Äffchen Herr Nilsson haust in einem solchen), auf dem Dach lehnt ein Fahrrad, das Pferd „Kleiner Onkel“ wohnt im Kasten und wackelt mit dem Schweif… Sogar der Gartenzaun steckt voller Überraschungen. Das merkwürdige, rothaarige Mädchen darin lebt eben, wie es ihr gefällt – mit allen Konsequenzen. Da will einen etwa Frau Prysselius vom Waisenrat schon mal ins Kinderheim bugsieren. Besitzt man noch dazu von seinem (in der Südsee verschollenen) Vater einen Seeräuberkoffer voller Goldstücke, wird man zudem gerne von Räubern heimgesucht. Geht man nicht in die Schule, um zum Beispiel „Plutimikation“ zu lernen, kriegt man keine Ferien.
Lauter Probleme für die junge Dame, so scheint es. Diese hat jedoch immer eine Lösung parat (sogar wenn der Pfefferkuchen zu hart wird!) und ist den Erwachsenen ständig eine Spur voraus. Außerdem ist sie neben ihrer offensichtlichen Frechheit gutherzig und großzügig, was auch so seine Vorteile hat.
Diese vergnüglichen Geschichtchen, bestens bekannt aus Buch, Film und Fernsehen, reihen sich, gepaart mit viel Witz, Situationskomik und Schwung, aneinander. Musik- und Tanzeinlagen sind darin wichtige Elemente. Für „ältere“ Semester im Zuschauerraum gibt es ein Wiederhören mit dem nostalgisch anmutenden Ohrwurmlied vom „Seeräuberopa Fabian“, wenn Pippi von ihrem Vater träumt. Die beiden Einbrecher werden mit einem Sirtaki von ihrem Vorhaben abgelenkt und vergrault, und tänzeln herrlich irritiert ab. Ein mitreißender Seemannstanz findet ebenso seinen Platz wie ein gemütliches Schlaflied für den kleinen Affen.
Regie dieses Bühnenstücks nach dem Kinderbuchklassiker von Astrid Lindgren führt die Schwedin Gunilla Hällström zusammen mit der Choreografin Nicole Viola Hinz-Schouwstra. Die rotbezopfte Pippi im Tupfenkleid und mit verschiedenfarbigen Schuhen wird von Claudia Carus verkörpert. Sie wirkt in ihrem Temperament und ihrer Spiel-Leidenschaft gar nicht wie eine Erwachsene, die in die Rolle eines Kindes schlüpft. Auch Hanna Kastner und Philipp Andreas Sievers als die beiden wohlerzogenen Spielkameraden von nebenan, Annika und Tommy, sind in ihren Darstellungen sehr überzeugend. Britta Bayer mimt nicht nur die köstlich echauffierte „Prüsseliese“, sondern auch den Dieb Blom, ein recht witziges Schulkind und einen Matrosen. Walter Sachers und Gero Nievelstein haben unter anderem als Polizisten, Donner-Karlsson und Lehrer jede Menge kurioser Auftritte.
1941 wurde die Ur-Pippi Langstrumpf geboren. Den Namen erfand Astrid Lindgrens kleine Tochter ganz spontan, als sie nach längerer Krankheit gelangweilt um Geschichten bettelte. „Ich fragte sie nicht, wer Pippi Langstrumpf sei, ich fing einfach an zu erzählen, und da es ein eigenartiger Name war, wurde auch ein eigenartiges Kind daraus“, berichtet die Schriftstellerin über die Geburt einer Institution, die es einmal zur Weltberühmtheit bringen sollte. Als sich die Autorin nämlich drei Jahre später wegen einer Fußverletzung selbst langweilte, begann sie, Pippis Abenteuer auf Papier festzuhalten – um sie später ihrer Tochter in gedruckter Form zu schenken und in weiterer Folge einem Verlag anzubieten mit dem Zusatz „… und kann nur hoffen, dass Sie nicht das Jugendamt alarmieren“.
Gemäß der Vorlage taucht auch in der farbenfrohen Salzburger Inszenierung (Bühne und Kostüme stammen von Agnes Hasun) ein imposantes Schiff auf. Von Bord geht der Pippi-Papa (Gero Nievelstein), der seine Tochter zu sich auf eine Insel holen will. Das junge Premierenpublikum durfte ob Pippis richtiger Entscheidung aber aufatmen und spendete fasziniert ganz viel Applaus.