Blicke in die Seele des Schrifstellers
BODI END SOLE / „ZWEIG.STELLEN“
28/11/11 Um Stefan Zweig auf die Spur zu kommen, erarbeitete eine professionelle Gruppe von Schauspielern eine Collage, die ein wenig über herkömmliches Dokumentartheater hinaus geht. Am Freitag (25.11.) war Premiere im Stefan Zweig Centre auf der Edmundsburg.
Von Werner Thuswaldner
Von Regisseurin Christa Hassfurter und Franziska Lipp stammt die Textzusammenstellung, die sich auf viel authentisches biografisches Material stützt, darunter auch unveröffentlichte Briefe. Die vier Darstellerinnen und Darsteller - Marion Hackl, Mareike Tiede, Hans-Jürgen Bertram und Sebastian Krawczynski - hatte auch eine psychologische Expertin als Beraterin, Waltraud Heider, die ihnen eine systemische Aufstellung unternahm, die in den Ablauf eingefügt ist. Es handelt sich um ein Rollenspiel, das zu einer Klärung von seelischen Konflikten beitragen soll. Da wird sogar das Haus auf dem Kapuzinerberg zu einer Figur.
Bei der gesamten Darbietung handelt es sich aber weitgehend doch wohl um Theater. Es geht von der Fiktion aus, dass sich vier Teilnehmer eines Kongresses über Exilliteratur in einem Schweizer Hotel treffen und in einem Disput über Stefan Zweig geraten. Sie kommen mit sehr vielen Gepäckstücken an. Die bilden das Spielmaterial, mit dem Regisseurin Christa Hassfurter die Akteure ausgiebig hantieren lässt. Ein Beispiel: Zweig gab der Geschichte vom Turmbau zu Babel samt Sprachenverwirrung eine positive Deutung. Er sah die sprachliche Vielfalt Europas durchaus als Chance. Um dem Text Sinnlichkeit zu verleihen, bauen die Darsteller aus Koffern einen Turm. Das Bemühen der Regisseurin, für das Gesagte jeweils möglichst sinnvolle Bilder zu finden, ist durchwegs zu beobachten.
Die Darsteller sind nicht auf bestimmte Rollen fixiert. Einmal ist Hans-Jürgen Bertram ein Literaturkritiker, dann Zweig, der sich in amouröse Abenteuer stürzt, aber auch dessen Sekretärin, Anna Meingast, dann ein amerikanischer Opernbesucher, der sich, Nahrhaftes mampfend, wie der Beobachter eines Boxkampfs aufführt.
Zweig kann zwischendurch auch immer wieder von Marion Hackl gemimt werden. Sie trägt dann immer das typische Zweig-Bärtchen unter der Nase.
Auch Sebastian Krawczynski übernimmt zeitweise die Zweig-Rolle, etwa dann wenn es mit beachtlichem körperlichen Einsatz um die Eroberung seiner ersten Frau, Friderike von Winternitz geht.
Mareike Tiede ist als Zweigs Pariser Freundin im Einsatz und später ausführlich als seine zweite Frau, Lotte Altmann, mit der Zweig aus Salzburg wegging, sich vorübergehend in Bath aufhielt bevor er nach Brasilien auswanderte- Dort schieden die beiden freiwillig aus dem Leben.
Eine große Menge von Episoden aus Zweigs Leben kommt zur Sprache. Sie formen sich zu einem differenzierten Bild von dem einerseits zart besaiteten, andrerseits mit Entschiedenheit begabten Schriftsteller (z.B. gegenüber seinen Verlgern) und seinen oft schwierigen Beziehungen zu Mitmenschen. Es geht also nicht um reine Glorifizierung.
Viel Aufschlussreiches fand sich unter dem reichen szenischen Angebot. Darunter die erstaunliche Tatsache, wie der in den zwanziger und dreißíger Jahren wichtigste deutschsprachige Dramatiker, Gerhart Hauptmann, bei den wiederholten Versuchen, ihn im Spielplan der Salzburger Festspiele zu berücksichtigen, abgeblitzt ist. Ebenso wie Zweig selbst, der erst nach Hofmannsthals Tod von Richard Strauss um ein Libretto gebeten wurde.