Romeo und Julia im Flüchtlingsheim
CARITAS / AKZENTE / "FLÜCHTLINGSGESPRÄCHE"
11/05/10 „Es ist mir egal, ob er ein Türke, Serbe oder Marsmensch ist. Ich liebe ihn!“ Wenn Julia das der Gegenseite entgegen schreit, ist da irgendwas nicht so ganz Shakespeare. Sondern das Hier und Heute.Von Eva Bernadette Müller
Salzburger Jugendliche konfrontierten ihre Zuschauer am Montag (10.5.) bei der Premiere der „Flüchtlingsgespräche“ im Flüchtlingsheim der Caritas Salzburg mit Vorurteilen, Sehnsüchten und Schubladen, in die dann doch keiner so richtig passt.
In der 17. Theaterproduktion von Akzente Salzburg stehen sich in einer Collage aus Brecht, Alltagserfahrungen und Medienberichten zwei inhomogene Gruppen Jugendlicher gegenüber, deren wechselseitiges Unverständnis perfekten Nährboden für Schmäh- und Hassparolen bietet. Inländer gegen Ausländer und dazwischen ein Liebespaar, dessen Gefühle füreinander fast an ihrem Umfeld scheitern. Nur wenige von jenen, die selbst nachdenken, sind auch stark genug, zu ihrer Meinung zu stehen. Und wir haben erst jüngst gesehen: Ein nicht geringer Teil von Österreichern folgt fast blind einer radikalen Stimmführerin, die ein erschreckendes Bild einer wiedererwachenden Ideologie repräsentiert.
Eine Party hätte eigentlich der Aussöhnung dienen sollen, verschärft die Fronten aber nur: Sie endet in einer choreografisch beeindruckend inszenierten Slowmotion-Schlägerei mit Imagine als „Filmmusik“. Es sei also Zeit, etwas gegen die „Ausländerplage" zu unternehmen, und so werden Roman - dem serbisch stämmigen Romeo - Drogen untergeschoben. Darüber erfährt dann man die „Wahrheit“ aus Österreichs auflagenstärkster Tageszeitung: Der straffällig gewordene Bösewicht ist abgeschoben und das Leben geht weiter wie bisher, auch wenn manchen bereits dämmert, dass es nur der Zufall war, der sie auf dieser Seite der Welt ausgespuckt hat.
Ist das Stück dann zu Ende, ist glücklicherweise von Hass nichts mehr zu spüren, sondern man begegnet einer spielwütigen Gruppe Jugendlicher, von deren Gemeinschaftsgefühl und wechselseitiger Akzeptanz sich so mancher ein großes Stück abschneiden sollte.
Jeder der sich nicht scheut, sich mit (eigenen) Vorurteilen auseinander zu setzen, sollte eine der drei Gelegenheit kurzfristig nutzen und sich etwas über eine Stunde lang - von Wortwitz und sechs oder sieben verschiedenen Sprachen begleitet - einem erfrischend anderen Theatererlebnis hingeben.