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Eine Zwiebel ist keine Entscheidung

TANZ_HOUSE / DEMOCRAZY

17/10/12 Ja, man ist über 25, danke, sehr schmeichelhaft. Ja, man ist dafür, dass Frauen und Männer gleich behandelt und bezahlt werden. Ja, man würde zur Durchsetzung dieses Zieles auch eine rohe rote Zwiebel verspeisen. Warum nicht, die roten sind milder als die gelben.

Von Heidemarie Klabacher

Wie schält man eine Zwiebel, ohne dabei zu weinen? Beim Schneiden ist der Trick, die Zwiebel vorher unter Wasser zu halten, vielleicht hilft das sensibleren Gemütern auch schon beim Schälen. Das löst aber noch längst nicht alle Fragen zu Fremdbestimmung und Demokratie, Individualität und Gruppenzwang, Verteilungsgerechtigkeit und Spaßgesellschaft.

So gemein wäre die Gemeine Zwiebel (Allium cepa) nie, dass sie sich als Gesamtgattung der Lauchgewächse (Allium) gehen den Menschen stellen würde. Im Gegenteil. Seit fünftausend Jahren ist sie sein treuer Begleiter, in manchen Kulturen sogar bis ins Grab – wenn auch die Pharaonen, denen Zwiebeln mit in den Sarkophag gepackt wurden, keine Musterbeispiele demokratischer Herrscher waren. Aber dafür kann die Zwiebel nichts.

Dies vorausgeschickt nun zum Projekt „Democrazy – how to peel an onion without crying“ von Helene Weinzierl und cieLaroque, das am Dienstag (16.10.) als Koproduktion mit der ARGEkultur dortselbst Premiere hatte.

Schon der Einlass mit Fragebogenaktion und Einteilung des Publikums in Gruppen und der Sitzplätze in Sektoren war inszeniert. Düstere Ahnungen haben sich nicht erfüllt: Mittanzen musste niemand.

Das wäre bei den sehr musikalisch meist aus der natürlichen Bewegung herausentwickelten kleinen Tanzsequenzen auch gar nicht so leicht gewesen. Da wurde von den vier Ausführenden etwa das Problem der Gruppeneinbindung durchdekliniert: man marschierte in präziser Vierecksformation nach unhörbaren Kommandos über die Bühne, einer verlor den Anschluss, blieb allein zurück, und fand seinen Tritt erst wieder, als die Gruppe von der anderen Seite zurückkam und er sich wieder eingliedern durfte. Später wurde dann eine Tänzerin zunächst geschnitten und dann aus der Gruppe ausgestoßen. Erst nachdem sie beim Publikum erfolgreich Geld geschnorrt hatte, konnte sie sich ihren angestammten Platz im sozialen Umfeld wieder zurückkaufen.

Politiker produzieren heiße Luft. Das steht auch in der Zeitung – und war quasi Leitmotiv und roter Faden durch „Democrazy“. Heiße Luft muss nicht immer nach vorne oben entweichen, der Wind kann auch nach hinten unten blasen – das wurde unter anderem in einer Sauna-Szene anschaulich gemacht. Wobei die Winde vom Band kamen. Was zunächst befremdete, bekam durch drastische Übersteigerung dann beinahe Witz. Sonst waren die Ausführenden meist angezogen. Außer wenn körperliche Gewalt zur sexuellen Gewalt wurde und Vergewaltigung angesagt war. Alle vier Protagonisten haben – heldenhaft – je eine gelbe Zwiebel verspeist. Und warum muss beim zeitgenössischen Tanz immer so viel geredet werden?

"Democrazy – how to peel an onion without crying" steht heute Mittwoch (17.10.) auf dem Tanz_House-Programm – www.tanzhouse.at
Bild: cieLaroque / Wolfgang Lienbacher



 

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