Wenn Bach zum Tanz-Strom wird
LANDESTHEATER / RAINBERG / BACH 'N' DRUMS
09/05/11 Der Salzburger Ballettchef Peter Breuer hat Kolleginnen und Kollegen aus seiner Compagnie eingeladen, selbst zu choreographieren. Vorgabe: Mit Bach sollte die Sache zu tun haben. Und man hat versucht, Live-Musik und Konserve mutig zu kombinieren. Herausgekommen ist "Bach 'n' drums.
Von Reinhard Kriechbaum
"Geschwinde, ihr wirbelnden Winde" - das ist natürlich ein willkommener Anlass, Tänzer luftig und duftig herum zu wirbeln, in diesem Fall in einem von Breuer selbst in Szene gesetzten Pas de trois, in dem Herr Bach (Josef Vesely) selbst die Leitung übernimmt. Der Tänzer (der seine weiße Perücke manchmal aufsetzte, dann wieder einem Kunststoffkopf am Bühnenrand überstülpte) tat in dieser Episode so, als ob er den Kinderchor des Salzburger Landestheaters befehligte. Das war nämlich der Clou: Man hat nicht nur zwei ambitionierte Schlagzeuger Lev Loftus, Kirik Stoyanov von der Universität Mozarteum eingeladen, Live-Musik zu machen. Der Kinderchor hat die Einleitungs-Chorsätze zweier Bach-Kantaten gesungen hat. Eine ziemlich wagemutige Mischung aus CD-Einspielung und Live-Musik, aber einen Versuch war's wert und manchmal hat es sogar überzeugt: Warum nicht machtvoll dreinfahren mit dem Schlagzeug in Bachs d-Moll-Toccata? Und warum der Chaconne aus der d-Moll-Partita nicht ein wenig "Fleisch" geben mit zwei Marimbas?
So hat sich jedenfalls das Ohr ebenso wenig festgefahren, wie sich das Auge satt gesehen hat. Auch nach zweieinhalb Stunden nicht. Wir wissen ja, dass Peter Breuer viele Vorzüge hat, aber nicht jene des Wegzulassens oder Kürzens. Und so kommt es, dass man nach der Pause, nach der 25minütigen (!) Chaconne verzagt auf den Programmzettel schaute, weil da noch acht Musiknummern folgen sollten…
Aber ehrlich: Was hätte man guten Gewissens weglassen sollen? Da durften der Compagnie man mit der "Möwe Jonathan" (Regie: Cristina Uta) Flügel wachsen. Zu Arvo Pärts "Wenn Bach Bienen gezüchtet hätte" konnte das Ensembvle virtuos ausschwirren. Die Solotänzerin Maria Gruber hat sich eine kleine Geschichte über Maria Antoinette ausgedacht und Alexander Korobko unter dem Titel "mal sehen…" eine Annäherungs-Studie für drei Tänzer, lange Bänder und einen Klavierhocker. Josef Veselys "Fusion" war bei weitem nicht so trocken wie der Untertitel "Ein Einblick in die Genres Musik und Tanz, kulminierend in ihrer Einheit". "Bachiniando" von Junior Demitre war dennoch pfiffiger.
Peter Breuer hat die Beiträge seiner Schützlinge zusammengebunden zu einem Abend, der die Qualität der Landestheater-Compagnie ins rechte Licht gerückt hat. Erstaunlich auch, was konditionell geleistet wurde an dem Abend - und bei elf bevorstehenden Terminen können sich die sieben Paare austoben in Sachen Bach und Bewegung.