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Einen Kaffee und den Kellner dazu!

MOZARTWOCHE / KAFFEEKANTATE

30/01/25 „Ei! wie schmeckt der Coffee süße, lieblicher als tausend Küsse“ dichtete der wackere Reimeschmied Picander. Na ja, auch Johann Sebastian Bachs weltliche Kantaten leben von ihrer Musik. Was da im Leipziger „Zimmermann'schen Kaffeehaus“ anno 1734 erstmals erklang, die Kaffeekantate, ist eigentlich eine kurze komische Oper.

Von Gottfried Franz Kasparek

Nun kamen im „Café Classic“ zu den 35 Minuten ein paar Mozart-Einlagen und Rezitative dazu, sodass man eine Stunde pralles Theater genießen konnte. Schweigt stille, plaudert nicht, so der eigentlicher Titel und Textanfang der Kantate, ist ein Aufruf an die Gäste im Lokal. Die waren bei der zweiten Vorstellung am Nachmittag des 29. Jänner schweigsam und stillvergnügt. Denn was Gordon Safari mit seinem BachWerkVokal da an fein ziselierten Klängen und direkt klingender Rhetorik dem kleinen Ensemble (Streichquartett, Violone und Traversflöte) entlockt, ist wieder einmal bewundernswert. Der sich um die Ecke erstreckende Raum ist nicht leicht zu bespielen, aber Regisseur Konstantin Paul und Bühnenbildner Matthias Dielacher haben eine für alle Gäste taugliche Lösung gefunden – es wird einfach nach zwei Seiten gespielt. Da Bachs Arien ohnehin an Wiederholungen reich sind, versäumt da keine Seite etwas. Die Instrumentalgruppe sitzt im Zentrum, die singenden Menschen bewegen sich entweder auf einem Podest oder zwischen den Gästen im Lokal.


Picanders Libretto kann als gesellschaftskritisch durchgehen, denn ein rabiater, offenbar alleinerziehender Vater schafft es nicht, seiner reizenden Tochter das Kaffeetrinken zu verbieten. Er will ihr zwar den Weg zum Traualtar abschneiden, aber sie überlistet ihn und heiratet einen Mann, der ihr mindestens dreimal täglich den süßen „Coffee“ zusichert. Die freie Getränke- und Gattenwahl siegt also über patriarchale Autorität und das die Kostüme dominierende Spießbürgertum.

Das Team der Aufführung hat die Sache etwas modernisiert. Zwar führt am bramarbisierenden Papa Schlendrian kein Weg vorbei, aber das kesse Liesgen wird noch mehr zur selbstbewussten Frau und angelt sich einen Kellner im Kaffeehaus. Was Besseres kann einer Coffeinsüchtigen nicht passieren. Zuletzt versucht sie gar noch, den Vater, dem die Gattin davongelaufen ist, neu an die Frau zu bringen, wobei ihre Schlager-Arie Heute noch... von ihm übernommen wird

Die dazu geschriebenen Texte sind erfreulich behutsam der barocken Blumigkeit und dem durch diese schimmernden derben Witz angepasst. Gordon Safaris dazu komponierte Rezitative verraten nicht nur Erfahrung mit Improvisationen, sondern auch eine gewisse ironisch unterlegte Wagner-Liebe; schließlich sind die Verzierungskünste der „Meistersinger“ Bach verwandt und der Tristan-Akkord als parodistisches und dennoch herzerwärmendes Stimmungsmittel hat schon seine Geschichte – man denke nur an Brittens Albert Herring.

Insgesamt fügt sich das zu einer bunten, aber in sich stimmigen Revue zusammen. Der Kellner Johann verdient sich was dazu, denn eigentlich studiert er Gesang in Salzburg. Mit der ranken, schlanken Gestalt und der sanften, biegsamen Stimme des jungen slowakischen Tenors Vladimir Šlepec ist klar, dass er und das Liesgen ein Paar werden und dass er mit Taminos Dies Bildnis ist bezaubernd schön in Liebe entbrennt.

Electra Lochhead singt und spielt die zielbewusste, mit Koketterie spielende junge Frau mit der ihr eigenen liebreizenden Komik und Glocken-Sopran; auch sie hat eine Einlage, Mozarts Arrangement von Josef Myslivečeks Canzonetta Ridente la calma (Der Sylphe des Friedens). Ein Liebesduett aus Zaide taugt gut für das Liebespaar, Papagenos Duett mit Pamina für Vater und Tochter, wobei am Ende nicht nur „Weib und Mann“, sondern auch „Mann und Mann, Frau und Frau reichen an die Gottheit an.“ Der Vater, im Stück Tourist, studiert auch noch am Mozarteum; Brett Pruunsild aus Estland ist mit seinem edel timbrierten Bass und profunden Spiel schon eine bekannte Erscheinung in Salzburg.

Es ist gut, dass die Mozartwoche auch lokale Institutionen einbindet – BachWerkVokal hat ohnehin Weltklasse. Hingehen, ansehen würde man gerne sagen, wenn die letzte Vorstellung am 1. Februar nicht schon ausverkauft wäre. Probieren kann man es trotzdem. Hochachtung gebührt auch dem Team des Café Classic, welches elegant und ohne zu stören den „Coffee“ serviert.

Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher

 

 

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