Ein Schock zum Osterfest

VOLKSKULTUR / OSTERBRÄUCHE

13/04/17 Wer heute Eier kauft, ersteht meist einen handelsüblichen Eierkarton mit sechs (ein halbes Dutzend) Eiern, eine Menge, die sich vom alten 60er-Maßsystem ableitet. Ist die Familie größer und sind der Kinder mehrere, dann braucht's zum Färben der Ostereier schon eine „Lage“, das ist ein halber „Schock“, also dreißig Stück.

Ulrike Kammerhofer-Aggermann, Leiterin des Salzburger Landesinstituts für Volkskunde, gibt ein wenig Nachhilfe in alten Maßsystemen: „Fünfzehn Stück nennt man ein 'Mandel' und dem liegt ebenfalls dieses System zugrunde. Ein ganzer 'Schock' besteht zwei 'Lagen' zu dreißig Stück, drei 'Stiegen' zu 20 Stück, vier 'Mandel' zu fünfzehn Stück oder fünf Dutzend mit je zwölf Stück.“

Nach dieser kleinen Auffrischung im Kopfrechnen könnte man sich den Eierkonsum in älteren Zeiten genauer anschauen: Jeder Pfründner, also jede Bewohnerin und jeder Bewohner des Salzburger Bürgerspitals erhielt im 16. Jahrhundert zum Osterfest 18 Ostereier. Das geht aus Aufzeichnungen des Salzburger Bürgerspitals, dem ersten und ältesten Salzburger Senioren- und Pflegeheim für begüterte Salzburger Bürgerinnen und Bürger, aus dem Jahr 1573 hervor. Die Eier stammten aus Spenden und „Eierstiftungen“ der Bürgerinnen und Bürger für „Seelgeräte“, also für Messen und Andachten für die verstorbenen Angehörigen und die „armen Seelen im Fegefeuer“. „Bis zu 4.000 Eier jährlich wurden auf diesem Wege gestiftet“, weiß die Landes-Volkskundlerin Ulrike Kammerhofer-Aggermann.

An Eiern war nach der langen Fastenzeit gewiss kein Mangel. Seit dem Mittelalter wurden die in der Fastenzeit gelegten Eier gesammelt und als „Eierdienst“ oder Zins an die Grundherren abgeliefert, also eine sogenannte Naturalsteuer. Umgekehrt erhielten die Untertanen von der Obrigkeit einen Naturallohn zu Ostern. Aufzeichnungen belegen, dass um 1900 die Dienstboten zu Ostern in diesem Sinne zwölf Stück Ostereier erhielten und jedes Patenkind von seinen Patinnen oder Paten sechs Ostereier, ein Osterbrot und ein Geldgeschenk.

In den Klöstern wurden seit dem Mittelalter Eier gefärbt, besonders mit roter Farbe als Hinweis auf das „Blut Christi“, also den Kreuzestod, der die Auferstehung und Erlösung von der Erbsünde bedeutet. Während in den Klosterküchen Krapprot und Chenillerot, sehr teure Farben, verwendet wurden, färbte die Bevölkerung mit Zwiebelschalen, Hollunderabsud und roten Rüben die Eier. „Rote Eier bedeuten in fast allen Kulturen einen Neubeginn, aufkeimendes Leben und Fruchtbarkeit, so auch in China und Japan oder Persien“, erklärt Ulrike Kammerhofer-Aggermann.

Aus der Landeshauptstadt ist überliefert, dass sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf dem Platz vor der Kollegienkirche in den Wochen vor Ostern, besonders an den Sonn- und Feiertagen vormittags, hunderte junge Burschen mit Eierpecken und Kreuzerwerfen vergnügten. Dabei wurde aber oft auch geschwindelt: Manche verwendeten ausgeblasene, mit Pech gefüllte Eier oder Perlhuhneier, die eine bedeutend stärkere Schale haben. Auch sehr alte, hartgewordene Eier wurden benutzt.

Das Eierpecken ist von allen alten Spielen rund ums Osterei das einzige wirklich populär gebliebene. So gut wie vergessen sind das Buttenwerfen oder das Eierscheiben. Beim Buttenwerfen ist es darum gegangen, mit einer Münze nach einem Ei zu zielen und die Schale einzuschlagen: Man verliert das Geldstück oder gewinnt das Ei. Einiges Geschick verlangte das Eierscheiben. Es galt, das Ei eines Mitspielers zu treffen, indem man das eigene Ei über zwei parallele Holzstangen (etwa Rechenstiele) rollen ließ.

Trotz vieler Entbehrungen war es vielen Salzburgerinnen und Salzburgern auch in den Kriegsjahren wichtig, Ostern zu feiern. Darauf verweist auch beispielsweise eine Postkarte vom 20. Februar 1942 (in Privatbesitz), geschrieben während der Tournee der „Trapp Family Singers“ aus den USA. Maria Augusta von Trapp gab ihrer aus Salzburg stammenden Angestellten Martha Zöchbauer Anweisungen für die Ostervorbereitungen in Vermont: „Liebe Martha, […] Die größere Hälfte der Tour ist jetzt vorbei, Gott sei Dank. Bitte tu mir Ostereier färben und malen: für jeden von der Familie eins und außerdem noch drei Dutzend […] Herzliche Grüße, Mutter.“ Die Großfamilie Trapp brauchte also schon einen Schock bunter Eier. (Landeskorrespondenz/dpk-krie)

Bilder. dpk-krie