Volksmusik, oder bloß Folk oder gar Weltmusik?

HINTERGRUND / HOHENWERFEN / VOLKSMUSIK-SYMPOSION

08/11/16 Im Archiv des Salzburger Volksliedwerks finden sich „Abtenauer Tänze für ein Violin“ von 1819) ebenso wie ein Schmugglerlied aus Wals (1934) oder Klezmer-Anklänge im Repertoire einer Gasteiner Tanzlmusi (2012). Gar nicht so einfach also, den begriff „Salzburger Volksmusik“ zu definieren, gar über ein Zeitfenster von zweihundert Jahren hinweg.

Von Reinhard Kriechbaum

1989 entbrannten hitzige Diskussionen zwischen alten Volksmusikern und einer jungen, vom Folk Revival beeinflussten Musikergeneration. Was ist Folk, was Volksmusik, was Weltmusik? Das ist nach wie vor so ohne weiteres nicht zu definieren. Daher also ein Symposion auf Burg Hohenwerfen zum Thema „Schichten–Strömungen–Spannungsfelder“. Es beginnt morgen Mittwoch (9.11.) und dauert drei Tage.

In Österreich war es Josef Pommer, dessen Volksliedbewegung sich als Gegenbewegung sowohl gegen die „Liederer im Volkston“ als auch gegen die zeitgenössischen städtischen und internationalen Popularformen positionierte. Wesentliche ideologische Impulse erhielt die österreichische Volkslied- und Volkstanzpflege von der deutschen Jugendbewegung und von der Lebensreform. Im Bereich von Stil und Repertoirearbeit ist dagegen über Jahrzehnte ein starker österreichischer Einfluss auf den deutschen Raum, besonders auf Bayern bemerkbar. Solchen volksmusikalische Erneuerungsbewegungen in Österreich und Deutschland seit dem 19. Jahrhundert widmet sich der Wiener Musikwissenschafter und Volksmusikforscher Ulrich Morgenstern.

Wolfgang Dreier-Andres, Archivleiter im Salzburger Volksliedwerk, hat sich ein ziemlich großes Thema vorgenommen, eine zeitliche Systematisierung der Volksmusikpflege der letzten zweihundert Jahre. „Dokumentation und Pflege volksmusikalischer Erscheinungsformen laufen selten in schöner Regelmäßigkeit ab“, erklärt Dreier-Andres. „Meist sind es einzelne charismatische Meinungsbildner, Bearbeiter, Veranstalter, Sammler und nicht zuletzt Sammlungen, die als richtungsweisend und impulsgebend gelten können.“ Sdolche Stationen sollen also herausgeschält werden, nicht zuletzt deshalb, damit Erkenntnisse aus anderen Vorträgen an dieser zeitleiste festgemacht werden können. Das beginnt mit dem Salzburger Teil der Sonnleithner-Sammlung (1819) und reicht bis zu gegenwärtigen Feldforschungs- und Vermittlungsprojekten.

„Volksmusik singen und spielen ist das Eine. Volksmusik aufzeichnen, dokumentieren, hinter ihre Kulissen blicken und für die Nachwelt erhalten, das Andere“, erklären die Symposienleiter Roswitha Meikl, Wolfgang Dreier-Andres und Norbert Hauer. Das Symposion auf Burg Hohenwerfen wolle beiden Punkten gerecht werden, und so wird es auch „klangliche Verführungen“ in die verschiedenen Burgzimmern geben. Tanz, Musik, musikalische Rätsel, ein Sänger- und Musikantenstammtisch und eine Weintaufe mit Erzabt Korbinian Birnbacher runden das Programm ab.

In dem Symposion solle jedenfalls anschaulich gemacht werden, dass „die Salzburger Volksmusik“ mitnichten ein homogenes, lineares Gebilde darstellt, sondern sich aus vielen unterschiedlichen Schichten zusammensetzte und -setzt, so die Veranstalter.

Der Literat Bodo Hell wird das gesamte Symposion als „Wahrnehmer“ begleiten. Sein abschließender Beitrag am Freitag (11.11.) nachmittags soll einen kreativen Schlussakkord bilden, der zum Weiterdenken anregt.

„Schichten–Strömungen–Spannungsfelder“, Volksmusikalische Zeitfenster in Salzburg 1816-2016. Symposion von 9. bis 11. November auf Burg Hohenwerfen – www.salzburgervolksliedwerk.at

Bild: Salzburger Volksliedwerk