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Jazz war auch eine jüdische Sache

REST DER WELT / WIEN / STARS OF DAVID

13/04/16 Die „heimliche“ Hymne der USA, „God Bless America“, aber auch „White Christmas“ stammen von Irving Berlin, einem Sohn jüdischer Einwanderer aus Weißrussland. Jüdische Musikerinnen und Musiker prägten das Musik-Business des 20. und 21. Jahrhundert und leisteten einen wesentlichen Beitrag zur Unterhaltungskultur. Darum geht es in der Ausstellung „Stars of David“ im Jüdischen Museum Wien.

Während in Wien und Paris die Operette ihr goldenes Zeitalter feierte und die Revue immer beliebter wurde, setzten sich am Broadway in New York vor allem die Vaudeville-Bühnen und das Musical durch. Mit der Machtübernahme durch das NS-Regime verlagerte sich das Zentrum musikalischer Innovationen endgültig nach Amerika. Die Tin Pan Alley, an der 28. Straße zwischen Fifth Avenue und Broadway, wurde zum Synonym für die jüdische Tradition im Songwriting, die großen Musikverlage waren dort angesiedelt und zahlreiche Werke kamen direkt von dort auf die Broadway-Bühnen. Durch das Aufkommen des Tonfilms kam es einerseits zu einer Krise bei teuren Aufführungen, andererseits wurden für Komponisten neue Betätigungsfelder geschaffen. Einige Filmsongs wurden sogar bekannter als die Filme selbst.

Während jüdische Komponisten und Musiker durch das Musical und den Musical-Film ihren Beitrag zur Identitätsfindung der amerikanischen Nation leisteten, kam es im Umfeld des Jazz zu einem neuen Zusammenspiel von schwarzen und weißen Musikern, die versuchten, aus ihrem tristen sozialen Umfeld auszubrechen. Die bis in die 1960er Jahre betriebene „Rassentrennung“ wurde durchbrochen und erstmals standen schwarze und weiße Jazz-Musiker gemeinsam auf einer Bühne. Klarinette und Geige waren der Inbegriff des jüdischen Melodieinstruments, die gemeinsam mit dem Saxophon immer stärker zum Einsatz kamen – viele Jazz-Musiker jüdischer Herkunft, wie Artie Shaw, Benny Goodman oder Stan Getz, waren wahre Meister an diesen Instrumenten. In den 1980er und 90er Jahren etablierte sich eine neue jüdische Avantgarde, angesiedelt zwischen Jazz, Klassik und experimenteller Musik. Wichtigster Exponent ist John Zorn mit seinem Manifest „Radical Jewish Culture“.

Parallel zu diesen Entwicklungen sorgte der Rock n‘Roll der 1950er Jahre für einen Generationenkonflikt. Afroamerikanische Musiker lieferten mit Blues und Boogie Woogie die Inspiration für jene Musik weißer Künstler, die die „schwarze“ Subkultur zum neuen Mainstream machten und für die Befreiung von konventionellen Zwängen stand. Jüdische Komponistinnen und Komponisten wie Carole King, Mort Shuman oder das Duo Leiber & Stoller waren richtungsweisend und viele ihrer Songs machten auch nicht-jüdische Musiker, etwa Elvis Presley, berühmt.

Mit der Folk-Musik der 1960er rückten politische Botschaften gegen Krieg, Rassismus und für sexuelle Befreiung und Gleichberechtigung immer mehr in den Vordergrund. Woodstock 1969 markierte den Höhepunkt und gleichzeitig das Ende der Bewegung. Viele Einflüsse und Themen des Folk, wie Liebe und Frieden, wurden jedoch in der Pop-Musik übernommen.

Ganz anders die deklariert aggressive und provokative Jugendbewegung des Punk in den 1970ern. Bands wie The Velvet Underground, The Ramone s oder The Sex Pistols machten den Punk zum epochalen Protestschrei. The Beastie Boys verwendeten Elemente des Punk, transformierten aber auch den Rap aus den schwarzen Ghettos an die Spitze der weltweiten Charts.

In Deutschland gab es nach 1945 lange keine nennenswerte originär-jüdische Musikszene, während sich in Österreich trotz des gesellschaftli ch restriktiven Klimas nach 1945 rasch eine jüdische Subkultur bildete. Künstler wie Arik und Timna Brauer, Les Sabres, Geduldig & Thimann belebten die jiddische Musiktradition. Frankreich beherbergte nach 1945 die größte jüdische Gemeinde Europas und jüdische Sängerinnen und Sänger wie Barbara, Serge Gainsbourg, Jean Ferrat oder Joe Dassin waren nicht nur Publikumslieblinge, sondern thematisierten auch die Schoa.

Stars of David. Der Sound des 20. Jahrhunderts. Bis 2. Oktober im Jüdischen Museum Wien – www.jmw.at
Bilder: Jüdisches Museum Wien

 

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