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Sanfte Hügel, steile Pfade, ferne Wellen

REISEKULTUR / NORDWESTLICHES ISTRIEN 1 / BINNENLAND

28/04/15 Steil wie Gebirgsstrecken, schmal wie Feldwege - abenteuerlich winden sich Straßen und Pfade in engen Serpentinen auf und ab. Exponiert wie auf einer Felskanzel blickt man von so manch befestigter Stadtmauer hinunter auf Rebhänge oder Olivenhaine. Immer zum Greifen nahe – der nächste Hügel mit dem nächsten winzigen mittelalterlichen Städtchen drauf. Und in dunstiger Ferne – das Meer.

Von Heidemarie Klabacher

Ein idealer Ausgangspunkt für Kreuz- und Querfahrten durch das nordwestliche Istrien ist die Stadt Buje. Sie liegt, nur wenige Kilometer südlich der slowenischen Grenze, auf einem frei stehenden Hügel, der mit seinen gerade einmal 222 Metern Seehöhe einen Ausblick bietet, den schon die alten Römer geschätzt haben.

Ein wenig unterhalb der Stadt lässt man das Auto auf dem lang gezogenen Parkplatz stehen und ist sofort fasziniert von der bühnenartigen Anlage. Wie markant die Lage der an einem uralten Verkehrs- und Handelsknoten entstandenen Stadt Buje tatsächlich ist, erkennt man nach wenigen Minuten Bergaufspazierens. Vom basteiartigen - Baum und Auto bestandenen – „Freiheitsplatz“ aus fällt der Blick hinunter auf Wein- und Olivengärten, um sich alsbald ins Weite und schließlich Richtung Westen im Meer zu verlieren.

Auch die vergleichsweise große Stadt Buje ist recht klein. Fußgängerfreundlich. In die Marienkirche hat man schon beim Heraufschlendern über die „Straße des 1. Mai“ einen Blick geworfen, wenn auch nur durch das Glasfenster der verschlossenen Innentüre. Noch interessanter ist der wiederum nur wenige Schritte weiter bergauf gelegene Dom des Stadtheiligen Sankt Servulus. Vom frei stehenden Glockenturm blickt der unvermeidliche Venezianische Löwe herunter.

San Servolo fasziniert mit seiner graubraunen Fassade, aus der weiße Spolien geradezu herausleuchten, besonders die auffallenden kreisrunden Säulenreste von antiken Tempeln oder sonstigen Vorgängerbauten. An der gelb verputzen linken Außenmauer künden römische Reliefs von ferner Vergangenheit. Im Fenstersturz des Palazzo daneben schweben Engel wie von Gustav Klimt in Stein gemeißelt.

Vom Verkehrsknotenpunkt war die Rede. Buje war auch eine der insgesamt 35 Stationen der „Parenzana“, der k.k.-Schmalspurbahn, die einst Trst/Trieste mit Poreċ/Parenzo verbunden hat. Sie führte auf 123 Kilometern von Triest über Koper/Capodistria, Izola/Isola, Portorož/Portorose und Buje/Buie bis Porec/Parenzo. Die Strecke war bis Kanfanar/Canfanaro konzessioniert, daher trugen tragen die (erhaltenen) Meilensteine die Abkürzung TPC für Triest-Parenzo-Canfanaro.

Die Schmalspurbahn war von 1902 bis 1935 in Betrieb. Im Zweiten Weltkrieg habe Mussolini die Bahn abtragen und Richtung Somalia verschiffen lassen, und die britische Luftwaffe das Schiff dann versenkt. Das wird Dario Penco von der Fremdenverkehrsgemeinschaft der Stadt Umag später erzählen. Noch sein Großvater habe geschildert, erinnert sich Penco, wie die Menschen aus der mit 25 Stundenkilometern dahintuckernden Bahn ausgestiegen seien und auf offener Strecke Obst und Beeren von Bäumen und Sträuchern gepflückt hätten. „Franz Josef made it. Mussolini took it.“

Über 35 Bahnhöfe, neun Tunnel, sechs Viadukte und elf Brücken hat die malerische Trasse geführt. Einiges davon ist noch zu sehen, vieles noch zu spüren, nicht nur der Bahnhofscharakter von „Stanica/Stazione“. Noch drei Original-Loks sind erhalten, zwei in Koper/Capodistria, eine Technikmuseum von Mailand.

Die Villa Romantica „La Parenzana“ von Guido Schwengersbauer, dem aus Hallein stammenden Gastwirt und früheren Tourismus-Chef von Istrien, ist Basislager und das kulinarische Herzstück dieser Rundfahrt durch das Nordöstliche Istrien. „La Parenzana“ liegt ein wenig außerhalb von Buje im Ortsteil Volpija direkt an der aufgelassenen Bahntrasse, die seit 2008 als EU-Projekt und multinationaler Radwanderweg „Weg der Gesundheit und Freundschaft“ ausgebaut wird und Italien, Slowenien und Kroatien verbindet.

Noch ist die „Parenzana“ auch für Mountainbiker nicht durchgängig befahrbar und durchaus für Überraschungen gut. So kann es geschehen, dass man statt eines gesuchten Kirchleins im Gebüsch ein Tunnelportal findet. Wie in der Nähe von Grožnjan/Grisignana: Ziemlich genau unterhalb der Ortstafeln „Peroj/Peroi“ und „Vrh Roman/Monte Roman“ stößt man auf den 75 Meter langen Tunnel „Sveti Vid“. Irgendwann einmal habe jemand versucht, so Dario Penko, im Tunnel Champignons zu züchten, was die hässlichen Betoneinbauten erklärt. Durch andere Tunnels führt inzwischen der Radweg.

Nur wenige Fahrminuten sind es bis Grožnjan, dem höchsten Punkt der „Parenzana“.

Das auf 290 Metern Seehöhe gelegene mit spektakulären Mauern befestigte Städtchen gibt sich an diesem Tag nasskalt und nebelverhangen. Stimmungsvolle Ausblicke führten denn auch mehr in die Tiefe, denn in die Weite. Der Regen tropft von den Ahornen auf dem weitläufigen Kirch- und Fahnenplatz. Kunsthandwerksgalerien in beinahe jedem Gebäude der verwinkelten Gässchen erinnern an die Tage Grožnjans als Künstlerkolonie. Sie sprechen aber auch recht deutlich davon, dass man sich in einer der Getreidegassen Istriens befindet, die nur vorübergehend von Regen und Wind menschenleer gefegt worden sind. (Wird fortgesetzt)

Die Fahrt erfolgte auf Einladung des Tourismusverbandes Istrien/Cluster Nordwestliches Istrien und wurde organisiert von der A.R.T. Redaktionsteam Ges.m.b.H. – das ISTRIEN MAGAZIN 2015 kann herunter geladen oder in der Druckversion bestellt werden auf www.istrienmagazin.at  – die Villa Romantica „La Parenzana“ parenzana.com
Ein Buchtipp für Istrien-Fans, die in die Tiefe istriotischer Kultur, Sprache und Geschichte gehen wollen: Alfred, Friederike und Ulrike Goldschmid: Istrien. Eine Liebeserklärung an das Land, seine Menschen und seine Kultur. Edition Tandem Salzburg Wien 2013.
Bilder: dpk-klaba
Zur Folge 2 Öl und Wein und steinalte Grenzen
Zur Folge 3 Spargel, Tennis, Leuchtturmliebe

 

 

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