Viele Chöre, fünf Domorganisten und ein Volk
HINTERGRUND / KIRCHENMUSIK
02/12/13 Ein Gipfeltreffen österreichischen Domorganisten im Salzburger Dom, aber auch die Uraufführung eines Kirchenmusikwerks, das exemplarisch zeigen soll, wie man Chöre, Organisten und singende Gottesdienstbesucher zusammenbringt – ganz so, wie es vor fünfzig Jahren durch das Zweite Vatikanische Konzil grundgelegt wurde.
Von Reinhard Kriechbaum
Vor 50 Jahren - am 4. Dezember 1963 - wurde unter dem Titel „Sacrosanctum Concilium“ die Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils veröffentlicht, das den Anstoß zu einer weltweiten Erneuerung der Messe und der Liturgie gab. Seither wird der Gottesdienst in der katholischen Kirche in der jeweiligen Volkssprache gefeiert, die nach außen hin nachhaltigste Liturgie-Neuerung. Zum Gedenken daran gibt es am Dienstag und Mittwoch (3./4.12.) im Bildungszentrum St. Virgil ein hochkarätig besetztes Symposion. Den Festvortrag am 4. Dezember (10 Uhr) hält Kurienerzbischof Piero Marini.
Einige musikalische Besonderheiten gibt es bei dem Festgottesdienst morgen Dienstag (3.12.) um 18.30 Uhr im Salzburger Dom: „Fünf österreichische Domorganisten werden zu dem Anlass auf den Orgeln des Doms spielen“, sagt Armin Kircher, Kirchenmusikreferent der Erzdiözese. Es sind dies Johannes Hämmerle (Feldkirch), Christian Iwan (Graz), Robert Kovács (Eisenstadt), Wolfgang Kreuzhuber (Linz) und Heribert Metzger (Salzburg). Mitwirken werden zu dem Anlass neben den Ensembles der Dommusik auch 200 junge Sängerinnen und Sänger aus den Chören der Katholischen Privatschulen in Salzburg.
Kurt Estermann, Stiftsorganist in Wilten und Professor für Kirchliche Komposition an der Universität Mozarteum hat von der Österreichischen Liturgischen Kommission und der Österreichischen Kirchenmusikkommission einen Auftrag für die Musik beim Festgottesdienst erhalten. Das „festliche Rufen“ sei die grundlegende Form von Gesang im Gottesdienst, erklärt der Komponist. „Akklamationen und einzelne Teile wie ein Hallelluja und Sanctus können einen Gottesdienst bereits sehr feierlich machen. Unsere gottesdienstliche Gemeinschaft kommt verstärkt zum Ausdruck, wenn wir uns dabei aktiv einbringen, etwa im Gemeindegesang.“
Das Zweite Vatikanische Konzil habe dieses „aktive Einbringen“ ins gottesdienstliche Feiern besonders betont und dafür bestimmte Aufgabenträger zugewiesen. „... ein Hindurchgehen des Heiligen Geistes durch seine Kirche...“ hat der 1960 in Innsbruck geborene Komponist sein neues Werk für den Salzburger Dom genannt. Die vier Teile – Antwortpsalm, Ruf vor und nach dem Evangelium sowie Gabenbereitung – „wollen diese Rollen in geeigneter Form nutzen“. Der Dom zu Salzburg mit seinen Pfeileremporen und den fünf Orgeln biete eine Fülle an Möglichkeiten: „Die ganze Kirche klingt“, schwärmt Kurt Estermann. „Das gemeinsame Singen wird durch die bewusste Bezugnahme zu Gesängen aus dem neuen Gotteslob ermöglicht, der Kantor übernimmt dabei gleichermaßen die Aufgaben des Vor-Singens wie des Verkündigens. Der kleine Favorit-Chor auf einer der Kuppelpfeileremporen greift diese Rolle auf, die durch die beiden großen Chöre vorne wie hinten echomäßig weitergetragen und an die ganze feiernde Gemeinde weitergegeben wird.“
Was Kurt Estermann gleichwohl wichtig ist: Die musikalische Sprache will zwar verständlich sein, die Gemeinde soll singend einbezogen werden, doch die Musik soll auch „selbstbewusst Teil eines anspruchsvollen Kunstwerkes bleiben“. Die klangliche Vermischung im großen Raum solle in ihrer Komplexität auch dem zeitgemäßen Anspruch entsprechen.
Einer der Vortragenden beim Symposion in St. Virgil ist der emeritierte Salzburger Liturgiewissenschafter Rudolf Pacik (3.12., 14.30 Uhr). Er wird den Gemeindegesang als Grundausdruck der vom Konzil festgeschriebenen "participatio actuosa" – der aktiven Teilnahme der Gottesdienstbesucher an der Liturgie – beschreiben und in seinen Betrachtungen auch auf das neue „Rollenbuch“ der Gemeinde eingehen: Das neue Gotteslob ist ja in den letzten Tagen in den Salzburger Kirchen verteilt worden. Auch für Estermanns Komposition wird es bereits genutzt.