Licht und Schatten im Wettlauf mit sich selbst
DIALOGE / GEORG FRIEDRICH HAAS
26/11/13 Ohnmächtig hinsinken - wie zur Mozartzeit üblich - wird im Salzburg des Jahres 2013 wohl niemand: Der Klang der Glasharmonika verzaubert dennoch bis heute mit seinem schillernden Schweben zwischen den Welten. Zum Dialoge-Eröffnungskonzert am Mittwoch (27.11.) kommt Christa Schönfeldinger mit ihrem zerbrechlichen Instrument nach Salzburg.
Von Heidemarie Klabacher
Mit einem rückwärts eingesprungenen Salto von besonderer dramaturgischer Raffinesse werden diese Dialoge eröffnet: Mozarts ätherisches Adagio C-Dur für Glasharmonika KV 356 wäre allein schon ein raffinierter Zug zur Eröffnung eines Festivals unter dem Motto „Licht“. KV 356 aber in der Bearbeitung des Klangmagiers Salvatore Sciarrino an den Anfang zu setzen, ist geradezu genial. Zumal im Eröffnungskonzert noch mehr Musik auf dem Programm steht von dieser irisierend-irrlichternden Art.
Da ist das andere Glasharmonika-Stück Mozarts – Adagio und Rondo c-Moll/C-Dur für Glasharmonika, Flöte, Oboe, Viola und Violoncello KV 617, das in Salzburg alle und wohl für immer mit Sandor Végh verbinden – noch gar nicht mitgemeint. Wenn man auch auf die Interpretation dieser Kostbarkeit durch die Mitglieder des Klangforums Wien besonders gespannt sein darf. Auch die weiteren Werke des Eröffnungsabends bringen quasi Klang gewordenes Licht, wie etwa die Vierteltonstücke für zwei Klaviere von Charles Ives - und natürlich das Werk, das dem Abend den Titel gegeben hat: „Central Park in the Dark“.
Die Beschreibungen und Rezensionen von Georg Friedrich Haas’ Werk kommen ohne Lichtmetaphern ohnehin kaum aus, das wird wahrscheinlich bei seinem neuen Werk „Wohin bist Du gegangen“ für Chor und Ensemble nicht viel anders sein: Der Salzburger Bachchor und das Klangforum Wien unter der Leitung von Clement Power werden das Auftragswerk der Stiftung Mozarteum im Großen Saal zur Uraufführung bringen.
Tatsächlich sind diese Dialoge von 27. November bis 2. Dezember „das facettenreiche Porträt eines Komponisten, dessen Musik oft verblüffend-irisierende Kreis- oder Spiralbewegungen zu beschreiben scheint, die nicht von ungefähr mit den irrealen Treppen-Konstruktionen in Bildern von M. C. Escher verglichen wurden, Klangschleifen, die vorsichtig suchen, tasten und fühlen, aber nirgends zielgerichtet hinzuführen scheinen“, zitiert das Dialoge-Programm den Musikwissenschaftler Reinhard Kager: „Ein Hauch von Vergeblichkeit liegt in dieser Musik, die leise an die Unmöglichkeit gemahnt, den perfekten Zusammenklang, geschweige denn das harmonische Zusammenleben der Menschen je erreichen zu können.“
Ganz im Zeichen von Georg Friedrich Haas steht der Freitag (29.11.) der Dialoge: Um 16 Uhr gibt es im Wiener Saal eine Lecture mit dem Komponisten, der Sopranistin Sarah Wegener und dem Pianisten Cornels Witthoefft. Thema ist „Das Zerstören von Hörerwartungen“. Der Konzertabend steht dann unter dem Titel eines Haas-Werkes für Klavier und Live-Elektronik. „Schattenspiel“ heißt das Stück, in dem der Pianist „einen gespenstischen Wettlauf mit sich selbst bestehen muss“: „Der Klavierpart wird live aufgenommen und startet nach 24 Sekunden als Zuspielung einen Viertelton höher, um sich dann sanft, aber unerbittlich immer weiter zu beschleunigen – bis Original und Schatten gemeinsam am Ziel ankommen.“
Im Stück „Hommage à Ligeti“ für zwei Klaviere im Vierteltonabstand gestimmt schließt sich der Programmbogen zu Charles Ives „Central Park in the Dark“, für das die Klaviere ja ebenfalls im Vierteltonabstand gestimmt werden müssen. Weiters erklingen an diesem reinen Haas-Abend „Dido“ für Sopran und Streichquartett und das 7. Streichquartett. Es singen und spielen Sarah Wegener, Sopran, Marino Formenti, Klavier und das Arditti Quartett. Für die Elektronik stehen das Experimentalstudio des SWR in der Klangregie von Reinhold Braig und Simon Spillner.
Direkt „Ins Licht“ führt die Klangreise mit dem Konzert des Samstags (30.11.) der Dialoge: Auf dem Programm stehen u.a. Orgelwerke von W.A. Mozart und Charles Ives, sowie das Trio für Violine, Violoncello und Klavier und das dritte Streichquartett „In IIJ. Noct“ – und eine weitere Uraufführung von Georg Friedrich Haas. Der Composer in Residence hat im Auftrag der Stiftung ein Fragment von Mozart bearbeitet.