Mehrfacher Schlusspunkt
WIENER SAAL / MOZARTEUM QUARTETT
19/06/13 Musizieren regt auch Vögel zum Mitzwitschern an wenn die Fenster offen sind – eine am Dienstag (18. 6.) im Wiener Saal ob der Innen- wie Außentemperatur dankenswerte Maßnahme. In den Generalpausen verhielten sich die gefiederten Freunde aber mucksmäuschenstill …
Von Horst Reischenböck
Zum Saisonende gestaltete das Mozarteum Quartett das letzte Stiftungs-Kammerkonzert vor der Sommerpause. Nach Schubert als Ausklang Mozarts finales Streichquintett, erweitert durch Thomas Riebl an der 2. Viola.
Zum Auftakt ging es um des bei der Niederschrift 16jährigen Franz Schuberts Es-Dur-Streichquartett D 87, das erst nach seinem Tod unter viel zu hoher Opusnummer veröffentlicht wurde. Der Erste Konzertmeister des Mozarteumorchesters, Markus Tomasi, Géza Rhomberg, 2. Violine, Solobratscher Milan Radi? und der Stimmführer der Cellisten, Marcus Pouget, stiegen ohne Effekthascherei zurückhaltend in sein erstes Allegro ein. Es dünkt vorerst fast wie ein zärtlicher, serenadenhafter Nachklang an Mozart, ehe sich doch kurzfristig bedrohlichere Dispute entfalten und auch bereits der von Schubert später noch öfter „strapazierte“, pulsierende Reiterrhythmus auftaucht. Nach dem rechtens keck angegangenen Scherzo verströmten sich die Ausführenden in die Adagio-Kantilene und setzten spritzig das jugendlich übermütige Finale darauf.
Es war ein Abend der B-Tonarten. Kein größerer Gegensatz ist denkbar als zum dreißig Jahre zuvor entstandenen zweiten Werk in d-Moll KV 421 aus jenem Sechserpack, den Wolfgang Amadé Mozart Joseph Haydn zugeeignet hat. Es ist gespickt voll mit immer wieder durchbrechender innerer Dramatik, in die eigentlich nur das ländlerische Trio inmitten des Menuetts Aufhellung bringt. Dessen Wiederholung hat übrigens Markus Tomasi zu dem Zusatz eines kleinen „Schlenkers“ angeregt. In Summe eine drängende Interpretation aus einem Guss, von den Hörern entsprechend gewürdigt.
Nach der Pause hieß es wieder zurück zum eröffnenden Es-Dur, in dem auch das letzte Kammermusikwerks des Genius loci steht. Mit dem Streichquintett KV 614, von Artaria zwei Jahre nach Mozarts Tod gedruckt, beschloss er sein insgesamt halbes Dutzend an Kompositionen für diese Besetzung. Der sonore Klang der Bratsche in Händen von Mozarteumprofessor Thomas Riebl fügte sich nicht bloß kongenial ins Ensemble ein. Riebl steuerte vielmehr schon vom ersten Ton an selbstbewusste Akzente bei.
Ein durch Haydns Geist beflügeltes Werk, vor allem aber von dessen typischem Humor, der sich beispielsweise in den Ecksätzen immer wieder Bahn bricht. Fast so, als wollte Mozart den damals gerade in London weilenden Freund ersetzen. Bukolisch freundlich wiegend der „Jagdhorn“-Beginn, in dem dynamische Akzente „Watschen“ verabreichen. Das nachfolgende Andante, Rondo mit Variationen verbindend, erinnert an „Wenn der Freude Tränen fließen“ aus „Die Entführung aus dem Serail“. Auf erneut volkstümliche Klänge im Menuett-Trio folgt dann als Gipfel ein ähnlich wie oft bei Haydn monothematischer Schluss voller unerwartet amüsant überraschender Wendungen. Wie weit sich darin Mozarts Tonsprache seit frühen Salzburger Tagen entwickelt hatte, belegte danach die heftig erklatschte Zugabe des Menuetts aus seinem ersten Quintett in B-Dur KV 174.