Emotion ist Emotion

DIALOGE / AIMARD / ARDITTI QUARTETT

02/12/11 Kontraste können musikalische Entwicklungslinien deutlich machen. Das zeigte der Pianist Pierre Laurent Aimard anhand von Kurtág und Liszt. Das Arditti Quartett begeisterte einmal mehr mit dem ihm gewidmeten Streichquartett „Grido“ von Helmut Lachenmann.

Von Heidemarie Klabacher

altGyörgy Kurtágs Klavierstücke aus „Játékok“, die seit 1975 entstehen und die Klang- und Spielmöglichkeiten des Klaviers ausloten und in hinreißenden Miniaturen den Klavierkosmos Stück für Stück erweitern, und Franz Liszts monumentale Virtuosensonate in h-Moll: gegensätzlicher können Werke für ein Instrument nicht sein. Möchte man meinen.

Tatsächlich scheinen die virtuosen Miniaturen in ihrer Komprimiertheit und Konzentration und die virtuose hochemotionale Sonate durchaus vergleichbaren Gehalt zu haben. Wie Liszt das verzweifelte in sich selber Kreisen, die pathetischen Aufschwünge, das hämmernde Um-sich-Schlagen, den ganzen Aufruhr, in sich zusammensinken lässt: Das wirkt in seiner - sich jeweils raffiniert entwickelten Leere und Verlorenheit - unglaublich modern.

Aber auch die lyrischen Momente, das überirdisch Weite in den gesanglichen Passagen findet sich in den Miniaturen von Kurtág immer  für kostbare Augenblicke. - Dafür braucht es natürlich einen Pianisten wie Pierre Laurent Aimard, der noch in der kleinsten Phrase den Gehalt - und vor allem auch den Klangfarbenreichtum - eines ganzen Satzes aufzuspüren und zu vermitteln weiß.

Das Arditti Quartett, wie Aimard quasi ein Stammgast bei den Dialogen, spielte Helmut Lachenmanns drittes Streichquartett „Grido“, das Mitgliedern und Freunden des Quartetts gewidmet ist (der Name des Werks basiert auf den Vornamen von Graeme Jennings, Rohan de Saram, Irvine Arditti und Dov Scheindlin).

„Da gibt’s doch diese Zauberblumen, die unter den Händen des Magiers aufblühen und immer größer und farbiger werden. Genau so spielte das Arditti Quartet das III. Streichquartett #Grido' von Helmut Lachenmann“, schrieb DrehPunktKultur schon 2006 über "Grido" in einer Wiedergabe des Arditti Quartetts: „In atmosphärisch dicht geballten Strukturen öffnen sich immer wieder Ausblicke auf unglaublich offene weite Klanglandschaften quasi im Cinemascope-Format.“

Diese Klanglandschaften öffneten sich auch wieder bei den Dialogen im Großen Saal. Daneben kamen aber durch die gepressten Töne, die entstehen, wenn die Bögen auf die Saiten gedrückt werden, immer wieder auch beängstigende Facetten ins Spiel. Ein spannendes Stück - eine brillante Interpretation.

Bild: ISM/Wolfgang Lienbacher