Zwei mal Vier

JUNGE PHILHARMONIE / ELISABETH FUCHS

24/11/11 Die Pfefferoni auf dem Titelblatt des Programmhefts versprachen nicht zuviel: Die Junge Philharmonie hat am Mittwoch (23.11.) im großen Saal des Mozarteums zwei Vierte Symphonien (von Beethoven und Schumann) bestens gewürzt.

Von Horst Reischenböck

Elisabeth Fuchs bürdet ihrer Jungen Philharmonie ein durchaus forderndes, nicht gering zu schätzendes Arbeitspensum auf. Vor nicht ganz einer Woche mit unter anderem Grieg und Schostakowitsch bis hin zu Ravels „Bolero“, nun mit ganz anders orientiertem Fokus zwei Sinfonien.

Zum Einstieg die Ouvertüre zu Johann Wolfgang von Goethes Trauerspiel „Egmont“ op. 84: Schon daran zeigte sich erneut die viril investierte, anerkennenswerte Arbeit von Elisabeth Fuchs. Die dramatisch aufbereitet langsame Einleitung manövrierte sie energisch in die konfliktreiche Auseinandersetzung hinein. Der markante Einsatz des Hörnerquartetts kündigt den letalen Ausgang an, nach kurzen Trauertakten wird umso impulsiver der trotzdem nicht zu verhindernde Sieg verkündet.

Dem merkwürdig etwas mageren Beifall nach zu urteilen musste sich das Auditorium erst einmal erwärmen – dafür signalisierte es schon vom Kopfsatz von Beethovens „Vierter“ in B-Dur op. 60 spontan Zustimmung. Spinnengleich mit breit ausgestreckten Armen, darin ähnlich wie einst Sir John Barbirolli, hing Elisabeth Fuchs vor und über ihren Mitstreitern, um präzise jede Nuance zu gestalten. Sei’s dynamisch abschattierender oder melodischer Natur, bei der sich besonders die Holzbläser profilieren durften. Wird diese Symphonie entsprechend ihrem Anspruch ernst genommen, dann ist sie durchaus nicht weniger bedeutungsschwer als die sie umgebenden Partnerinnen – und auch nicht weniger einfach auszuführen. Dem muss auch ein junges Orchester, das sich dergleichen erst erarbeitet, gelegentlich Tribut zollen. So ließen sich zwischen den fulminanten Allegro vivace-Teilen des Kopfsatzes und des Scherzos ein paar geringfügige Unschärfen im Adagio doch nicht vermeiden.

„Zwei Seelen in einer Brust“: Hatte schon Beethoven parallel an der c-Moll-Schicksalssinfonie gearbeitet, so auch Robert Schumann und später noch der von ihm enthusiastisch begrüßte Johannes Brahms mit seinen Sinfonie-Paarungen. Nach der befreienden „Frühlingssinfonie“, übrigens auch in B, floss unmittelbar daran eine, alle vier Sätze nahtlos verbindend vorerst noch sinfonische Fantasie aus Schumanns Feder. Erst zehn Jahre später, revidiert und in zahlreichen Details uminstrumentiert, wurde das Stück als Schumanns Vierte Symphonie (d-Moll op. 120) vorgestellt. Die Tempoangaben sind deutsch, aber „Lebhaft“ meint durchaus nicht dreimal Dasselbe. Elisabeth Fuchs hat sich durchaus rechtens wohl am ursprünglichen Allegro di molto, Presto für das Scherzo und finalem Allegro vivace orientiert. Eingebettet in ein prächtig durchsichtig gestaltet aufgefächertes Klangbild, in dessen Abmischung nur einmal, in der Kantilene der Romanze, die Oboistin ihre Cellopartner etwas zu stark dominierte.

Nach dem Jubel als Zugabe Beethovens Freudenthema und die Schluss-Stretta der Neunten: Vorgeschmack auf den nächsten großen Brocken für Elisabeth Fuchs und die Junge Philharmonie, zu Neujahr im Großen Festspielhaus.