Das Blech- und das Holzrohr

UNIVERSITÄT MOZARTEUM / BAROCKNACHT

10/06/11 Cembalo. Blockflöte. Cembalo und Blockflöte. Laute und Blockflöte - alles im „grünen“ Barock-Bereich. Aber die Kombination Posaune und Blockflöte? Das ist etwas vom Witzigsten, das die Musikgeschichte anzubieten hat. Die brillante Interpretin: Dorothee Oberlinger, Professorin am Mozarteum und Glamour-Star der Alte  Musik-Szene.

Von Heidemarie Klabacher

altZusammen zunächst mit dem Posaunisten Norbert Salvenmoser und dem Cembalisten Michael Eberth spielte Dorothee Oberlinger eine „Capriola“ von Girolamo Frescobaldi. Der Titel ist Programm. Eine von der Flötistin Anne-Suse Enßle und dem Posaunisten Lukas Schwingenschuh nicht weniger temperamentvoll und brillant interpretierte Sonate von Giovanni Battista Fontana zeigte dann, dass Stücke für diese freakige Besetzung anscheinend immer mit einem Augenzwinkern geschrieben wurden. Dann vereinigte man sich zum Quintett - und fegte durch den - ganz unauffällig „Sonata decimaquarta“ betitelten - Posaunen-Flötenwahnsinn von Dario Castello. Dass man „so schnell“ Posaune und „so laut“ Flöte spielen - und dabei trotzdem beredt phrasierte Musik machen kann - das war ganz einfach zum Staunen und zum Lachen.

altDas klingt nun nach „Höhepunkt“. Dabei hat Dorothee Oberlinger, auf deren Initiative die „Barocknacht“ im Solitär ja zurückgeht, sich und ihre Mitstreiter ganz unauffällig und bescheiden irgendwo im vierten Block aufs Programm gesetzt.

Die schier unzähligen Beiträge zu diesem Marathon (DrehPunktKultur war beim ersten, vierten und fünften Block dabei und ging mit dem ebenso animierten wie müden „Restpublikum“ wenige Minuten vor Mitternacht zur Tür hinaus) - zeugten vom hohen Niveau, auf dem am Mozarteum Alte Musik gemacht und gelehrt wird.

altLeider hat das Programmheft - häufig die Schwachstelle bei Mozarteums-Events - keine noch so kurzen Bios enthalten. Ganz zu schweigen von fehlenden Sänger-,  Instrumentalisten- und Komponisten-Namen in den Vokal-Blöcken.

Es dürften auch Gäste dabei gewesen sein. Wie etwa beim Eingangsstück, der Suite a-Moll für Blockflöte, Streicher und Basso Continuo von Georg Philipp Telemann, einem  Mikrokosmos der Musikstile der Zeit.

altAus Basel und Berlin kämen die Musikerinnen und Musiker des Ensembles „Fontana di Musica“, sagte Dorothee Oberlinger bei ihrer Begrüßung. Mit diesem heiter sprudelnden Brunnen, mit dieser technisch virtuosen und in der Phrasierung einfach hinreißend beredten Wiedergabe lag die Latte hoch - und sie durfte hoch liegen bleiben.

Welch brillanter Flötist (ein Oberlinger-Schüler? Wir wissen es nicht, die markante Phrasierung spricht dafür) ist Georg Fritz, der zusammen mit Olga Watts am Cembalo mit einer Sonata von Uccellini brillierte. Welch hervorragender Cembalist Alexej Zouev, der - im bärbeißigen Gehabe und in der Flinkheit der Finger - ein junger Verwandter (Seitenlinie Alte Musik) von Grigory Sokolov sein könnte.

altZwischendurch spielten auch andere Professoren, etwa Ernst Kubitschek, Blockflöte, und Hans Brüderl, Laute, die mit einem „Ground“ von Gottfried Finger zu später Stunde berührten. Heiterer Abschluss war ein kleiner Streifzug durch Vivaldis „Orlando Furioso“ und Händels „Alcina“.

Hier haben Mozarteum und Universität zusammengearbeitet: Germanistik-Studenten haben verbindende Texte geschrieben und aus der Literaturgeschichte passende Zitate zu „Hinterlist“, „Treue“ oder „Leid“ gesucht.

Bild: Universität Mozarteum / Christian Schneider