Aus Europas Norden

WIENER SAAL / MOZARTEUMQUARTETT

01/06/11 Aller guten Dinge sind in der Tat drei. Nach dem Saisoneinstieg mit tschechischen Komponisten widmete sich das Mozarteum Quartett zum Ausklang vor dem Sommer Dienstag (31. 5.) im Wiener Saal diesmal ausschließlich Beiträgen aus Skandinavien.

Von Horst Reischenböck

altEndlich, möchte man dankenswerterweise ausrufen. Dass nämlich gleich zu Beginn Jean Sibelius’ „Voces intimae“ – so der allgemein international geläufige Titel seines letzten Streichquartetts op. 56 in d-Moll – auch bei uns einmal zu hören war.

Von der ersten eröffnenden Zwiesprache zwischen Markus Tomasi (1. Violine) und dem Cellisten Marcus Pouget an ergaben sich auch ihre Mitstreiter aus Reihen des Mozarteumorchesters Géza Rhomberg am 2. Pult und Milan Radi?, Bratsche, engagiert und mit vollem, dabei durchaus kontrolliertem Einsatz dem Fünfsätzer. In diesem Werk herrscht bereits jene Konzentration an Gefühlen vor, die Sibelius‘ späteres Schaffen bestimmt: unter einer weitestgehend entspannten Oberfläche als ein Tongedicht voll ungezwungenem, gleichsam organischem Wachsen. Besonders im zentralen Adagio breitet sich diese Atmosphäre aus und verweist damit schon auf die 4. Sinfonie.

Hierzulande genauso wenig in den Konzertprogrammen verankert ist auch der Däne Carl Nielsen. Sein kurzes, dem Ableben eines Freundes zugedacht intim ausgesungenes Lamento FS 58 wurde noch vor der Pause nachgereicht. In einer Ausführung, die genauso keine Wünsche offen ließ.

Mit Edvard Griegs einigem vollendetem g-Moll-„Strykektvartett“ ist man in noch emotionalere Gefilde vorgestoßen. Norwegens wichtigster Komponist nationaler Romantik hatte ja seine Probleme mit großen Formen und zog deshalb sogar eine Sinfonie zurück. Auch das Opus 27 „erzwang“ er sich selbst, nicht zuletzt aus persönlichsten, darin dramatisch verarbeiteten Umständen heraus.

Grieg beschritt formal und zyklisch konsequent neue Wege und inspirierte nicht zuletzt durch seine Klangblöcke rund 15 Jahre später noch Claude Debussy, sogar mit melodisch verwandtem Anfangsmotiv. Kein Wunder, dass sich einst auch Franz Liszt dazu äußerte: „Ich bin seit langem nicht mehr auf ein neues Werk gestoßen, speziell ein Streichquartett, das mich so sehr interessiert hat wie dieses eigenartige und vortreffliche Stück.“ Nicht zuletzt die beabsichtigt orchestrale Klangfülle durch gleichzeitige Doppelgriffe mehrerer Instrumente im Fortissimo war bei den vier Musikern sowohl tonschön wie kraftvoll bestens aufgehoben. Entsprechend durch lang anhaltenden Applaus bedankt.

Bild: Mozarteum Quartett