Die vielen Farben der Spiritualität

MOZARTEUM / ORGEL PLUS

18/05/11 Seit die Orgel im Großen Saal des Mozarteums in neuem Glanz ertönt, gibt es hin und wieder wertvolle Musik zu hören, die sonst eher ein Schattendasein im Repertoire führt. Der neue Zyklus „Orgel plus“ hat offenbar auch schon sein kleines, aber begeistertes Stammpublikum.

Von Gottfried Franz Kasparek

Der junge deutsche Organist Christian Schmitt stellte sich im ersten Teil des Konzerts am Dienstag (17.5.) mit drei Stücken vor, die einen schönen Blick auf die vielfältigen Möglichkeiten des Instruments und das große Können des Interpreten boten. Sofia Gubaidulinas „Hell und Dunkel“ verbindet helle Melodik und dunkle Cluster in meisterhafter Weise und gleichsam in Kreuzform. Die expressive Spiritualität dieser Klangwelt brachte Schmitt ebenso zwingend zur Geltung wie die in sich ruhende Gläubigkeit von  Johann Sebastian Bachs Choralvorspiel „Aus tiefer Not schrei ich zu Dir“. So verinnerlicht kann man „schreien“, ganz im Gegensatz zu Franz Liszts theatralischer, pompöser Meyerbeer-Fantasie. Denn auf den Wiedertäufer-Choral aus der Oper „Le Prophète“ gehen Fantasie und Fuge über „Ad nos, ad salutarem undam“ zurück.

Bei Liszt wird aus dem ein wenig banalen, aber effektvollen Motiv der „Grande Operà“ allerdings ein faszinierendes, wie eine symphonische Tondichtung aufgebautes, mit Pedalregistern bis 64 Fuß gewaltig rauschendes, halbstündiges Ungetüm: aufregende Musik, aus romantischem, religiösem Überschwang geboren, dennoch harmonisch merkbar an die Tore der Moderne klopfend. Christian Schmitt arbeitete die stilleren Passagen sorgfältig heraus und betonte die scharfen Kontraste dieses tönenden Kolosses. Analytisches Denken und emotionale Virtuosität sind in seinem Spiel in bester Balance.

Max Regers Bearbeitung der 10 geistlichen Lieder aus Hugo Wolfs „Spanischem Liederbuch“ für Sopran und Orgel wirkt oft wie eine stimmungsvolle Übermalung, hat ihre Meriten in der verfeinerten Dynamik des diffizil gestalteten Orgelparts, kann aber die Prägnanz von Wolfs Klaviersatz nicht ganz vergessen machen. Christian Schmitt zeigte sich als aufmerksamer, mitatmender Partner der Sängerin. Juliane Banses füllig gewordener Edel-Sopran funktionierte in den ersten Liedern nicht ganz schlackenlos. Manch verquollener Ton, manch scharfe Höhe, manch undeutliche Artikulation irritierte. Erst mit dem siebenten Gesang, „Müh’voll komm ich und beladen“, schien sich die Künstlerin völlig gefunden zu haben. Dies reichte für ein empfindsam interpretiertes Finale. Besonders in der Mittellage stellte sich reife Leuchtkraft ein. Herzlicher Applaus.

Bild: www.christianschmitt.info/Simon Reiche (1); www.julianebanse.com (1)